Donnerstag, 12. Juni 2014

Reiter auf dem schwarzen Pferd / On a Pale Horse

Der Tod ist ein Amt, dass neues Blut braucht

Zane ist der Tod. Aber beginnen wir am Anfang: Zane ist ist ein Pechvogel, sowohl finanziell als auch romantisch. Er hat sprichwörtlich die Liebe seines Lebens für eine Chance auf Reichtum geopfert, und die Chance entpuppt sich als Schrott. So ist es nicht verwunderlich, dass er, deprimiert wie er ist, sich umbringen will. Er hält sich einen Revolver an die Schläfe und drückt ab—als zeitgleich ein Mann in schwarzem Gewand seine Wohnung betritt. Zane wird schlagartig klar, dass dies der Tod ist und er sich gerade umbringt, und mit einem Mal scheint der Tod keine Lösung zu sein; er reißt den Revolver rum und schießt dem Tod aus Versehen in den Kopf.

Und übernimmt somit sein Amt, sowie alles, was dazu gehört. Der Tod ist anscheinend eine der fünf Inkarnationen der Unsterblichkeit, mit Schicksal, Zeit, Natur und Krieg als den anderen. Sein "Reich" sind alle Menschen, deren Seele so ausgeglichen zwischen Gut und Böse liegt, dass er persönlich nachmessen muss, ob sie in Himmel oder Hölle landen. Und so verbringt Zane die nächste Zeit damit zu lernen, wie er seinen Job machen muss.

Aufgrund komplizierter Umstände wäre da auch noch Luna, mit der Tod eine Verabredung hat und er sich Stück für Stück in sie verliebt…



Die Welt von den Inkarnationen der Unsterblichkeit, so der Titel der bisher achtbändigen Reihe von Piers Anthony, ist in einer alternativen Art als der unseren verlaufen. Zum Einen gibt es Magie, die von Isaac Newton das erste Mal beschrieben wurde, und zum anderen wurde diese über Jahrhunderte nicht sonderlich beachtet, so dass im wesentlichen die Länder und Geschehnisse der Welt nicht zu sehr von denen unserer Welt abweichen. Mittlerweile aber wurde die Technologie ausgereizt und jetzt wenden sich die Menschen der Magie zu.

Die Existenz von Himmel und Hölle, Gott und Satan, ist allgemein anerkannt, aber es gibt keinen Zwang oder Notwendigkeit zum Glauben. So sammelt Zane zum Beispiel die Seele eines Atheisten ein, und da der bis zum Schluss die Existenz einer Gottheit als unnötig erachtet, löste sich dessen Seele nach dessen Tod beispielsweise einfach auf.

Anthony verbringt allgemein recht viel Zeit damit, sich über die moralischen und logistischen Probleme von einer Welt jenseits der unseren die Gedanke zu zerbrechen. So ist Zanes Aufgabe der Bewertung der Seelen nicht bloß banaler Hintergrund, sondern ein relevanter Teil der Geschichte. Es gibt Sünden, welche die Seele negativ belasten, unabhängig der Intention des Sünders; Sterbehilfe zum Beispiel, oder allgemein kleine Übel zur Verhinderung großer Übel sind immer noch übel. Und obgleich Zane sich einfach an die Messung der Seelen machen könnte und sie anschließend in den Himmel, in die Hölle oder ins Fegefeuer schicken könnte, macht er sich mehr Gedanken als nötig wären.

Genauso gibt es Szenen, in denen Zane seine Insignien und Instrumente erst zu bedienen lernen muss, und diese sind ungemein witzig, weil die Utensilien ohne eine Gebrauchsanweisung einhergehen.

Die Handlung ist ziemlich dicht; es geschieht innerhalb der knapp 370 Seiten eine Unmenge an Handlung und die ganze Logik und Beweggründe von Charakteren ergeben sich erst innerhalb der letzten zwei Kapitel, so dass ein weiteres Lesen allein schon deswegen lohnend sein kann.

Ich habe das englische Hörbuch gehört, es ist mit knapp 12 Stunden doch brauchbar lang. Der Sprecher, George Guidall, ist wunderbar vielseitig und gibt Anthonys umgänglichen Charakter Satan die passende Stimme, bei der man sowohl den Schwefel als auch die Gewandtheit hören kann. Ich bin echt am überlegen, ob ich mir noch was von ihm gesprochenes/gelesenes hole. American Gods vielleicht…



Schwachsinniges deutsches Cover der Taschenbuchausgabe
Ich werde wahrscheinlich weiterlesen/-hören. Die deutschen Versionen gehen leider bloß bis zum fünften Band.

Titel: On a Pale Horse / Reiter auf dem Schwarzen Pferd

Autor: Piers Anthony

Sprecher: George Guidall

Länge: 370+ Seiten, ca. 12 Stunden

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