Samstag, 14. März 2020

Armed in her Fashion

Dreifarbiges Cover mit schwarzer Hintergrund und Linien; eine Person steht in betender Haltung in roter Rüstung, weißem Gesicht und Panzerhandschuhen. Im Vordergrund und teilweise überschreibend ist der Buchtitel in weißer Frakturschrift.
Ultima Ratio Mulierem – Der Frauen letzter Ausweg

Wir schreiben das frühe 14. Jahrhundert. Die Schlacht von Cassel ist noch nicht lange her und hat große Teile der männlichen Bevölkerung der Region gekostet, auf die eine oder andere Weise. Dennoch ist Brügge nach wie vor die Handelsmetropole von Europa. Wäre da nicht die Belagerung der Stadt durch Chimären aus der Hölle.

Freitag, 6. März 2020

Non Non Biyori (& NNB Repeat)

Vier Mädchen stehen vor einer Dorfschule; die pferdeschwänzige Natsumi, die langhaarige und kleinere Komari, die doppelzöpfige Grundschülerin Renge und Hotaru mit schulterlangen Haaren
Niedliche Alltagsgeschichten vom Land

Non Non Biyori (und die Nachfolgeserie, Non Non Biyori Repeat) erzählen niedliche Alltagsgeschichten einer kleinen Gruppe von Schülern einer wirklich kleinen Dorfschule.

Donnerstag, 27. Februar 2020

BABYLON

Ein zerrissenes Bild, bei dem Teile fehlen: 3 junge Männer und 1 junge Frau auf einer Straße zwischen Häuserschluchten, die Sonne am Ende der Straße; der vorderste Mann ist Seizaki, zu seiner rechten sein Polizeikollege, zu seiner linken sein jüngerer Anwaltskollege, weiter hinten seine spätere Anwaltskollegin; durch die fehlenden Teile des Bildes sieht man eine andere junge Frau, lächelnd. Im vordersten Grund sieht man eine Frauenhand, die gerade einen Fetzen des Bildes beiseite blättert
Nur ein Wort zum Selbstmord

Es ist schwierig über diese Serie zu reden, ohne direkt Handlungspunkte zu verraten, denn ihre Thematik – induzierter Selbstmord – bedeutet, dass Charaktere sterben. Daher werde ich mich bloß auf Zen als Hauptcharakter konzentrieren.

Mittwoch, 19. Februar 2020

Flüstern des Meeres – Ocean Waves

Ein merkwürdiger Ghibli

Flüstern des Meeres ist der für mich unerwartetste Ghibli, den ich bisher gesehen habe, vielleicht mit Ausnahme von Tränen der Erinnerung.

Dienstag, 11. Februar 2020

Oresuki

Joro hält ein Schild mit "I’m the PROTAGONIST" hoch, umgeben von Mädels im Uhrzeigersinn von oben: Tsundere Sazanka, Selbstständige Tsubaki ♡, Energiebündel Himawari ♡, Mauerblümchen Pansy ♡, Elegante Cosmos ♡, Reporterin Tsubaki
Bekennende Parodie üblicher Harem-Anime

Zuerstmal, jeder in dieser Serie bekommt innerhalb der erste Minute ihrer Vorstellung einen Spitznamen, also werde ich diese verwenden.

Joro ist ein liebenswürdiger und freundlicher Kerl. Oder zumindest verhält er sich so, scheinbar blind gegenüber den offensichtlichen romantischen Zeichen, die seine Sandkastenfreundin und Energiebündel Himawari und die elegante Schülerratspräsidentin Cosmos ihm geben. Doch in Wirklichkeit ist Joro alles andere als das: er wünscht sich nichts lieber als der Protagonist eines Haremanime zu sein, und gibt zu diesem Zweck zur vor ein netter Kerl zu sein. Sein wahres Wesen ist manipulierend und zynisch. Aber wir wären nicht in einem Haremanime, wenn es nicht zu einem Liebesgeständnis nach dem anderen kommen würde: Himawari/Cosmos führt Joro zu einer Parkbank, um ihm etwas zu gestehen: Sie hat sich in Sun verliebt und bittet den liebenswürdigen Joro darum, sie mit seinem besten Freund zu verkuppeln.

Tja, Hauptcharaktere eines Haremanime spielen nicht die zweite Geige. Aber Joro lenkt schnell um und entscheide beiden zu helfen, sicher im Wissen, dass welche auch immer nicht Suns Freundin wird, sich sehr wahrscheinlich anschließend in Joro verlieben wird, denn er ist ja so ein liebenswürdiger Mensch. Dann kommt Mauerblümchen Pansy ins Spiel, gesteht Joro ihre aufrichtige Liebe (auf der gleichen Parkbank wie Himawari und Cosmos!), aber sagt ihm zugleich, dass ihr seine unaufrichtige Gutheit missfällt und sie den zynischen und manipulativen Joro, den sie das letzte Jahr über gestalkt hat, viel lieber mag.
Unzufrieden mit der Situation Joro fragt sie halslaut, „Bist du die Einzige, die in mich verliebt ist?“ Und somit sind wir beim Titel der Serie und dem Ende der ersten Folge.

Ja, es ist so eine Serie. Oresuki ist sich nicht nur der typischen Stilmittel und Tropen von Haremserien bewusst, nein, es spielt mit diesen, untergräbt sie, dekonstruiert sie. Der ahnungslose Protagonist ist nicht ahnungslos, die typischen Archetypen wie Sandkastenfreundin, gehobene Dame, Mauerblümchen oder Tsundere sind nicht in den Hauptcharakter verliebt und ihre Liebe ist weder bedingungslos noch beständig.

Vielmehr ist die Welt von Oresuki durchweg zynisch, aber auf eine liebevolle Weise. Der Autor, bzw. die Macher, denn die Serie ist die Umsetzung einer mehrbändigen Light Novel Reihe, zeugen von ihrem Wissen über die Klischees in Romantischen Komödien und verwenden diese, ohne dem Zuschauer eine einfache Daumenregel zu geben, ob diese nun ehrlich verwendet oder auf den Kopf gestellt werden. In ehrlicher Haremanimemanier bleibt es beispielsweise nicht bei ,bloß‘ 3 weiblichen Optionen (siehe Titelbild), aber zugleich ist Joro nicht der einzige – oder beste – Manipulator unter den Charakteren.
Genauso scheut sich Joro auch nicht, gelegentliche Seitenkommentare zu geben, wie beispielsweise die unausweichliche Badefolge, die es nur im Anime und nicht in der Light Novel gab.

Apropos Light Novel, die 12 Folgen der Serie decken anscheinend die ersten vier Bände ab, aber nach aktuellen Stand gab es zumindest in Japan 12 Bände, und die Serie endet halboffen. Der aktuelle Handlungsstrang wird mit einer kommenden OVA im Sommer 2020 angeblich sein Ende finden.



Alternative Zusammenfassung: Eine Gruppe egoistischer, manipulativer Ärsche in einem Liebesvieleck zieht sich gegenseitig zu Boden, bevor sich alle in realisierter echter Freundschaft wieder aufhelfen, aber die alten Gewohnheiten sind schwer abzulegen.

Titel: Oresuki – Are You The Only One Who Loves Me?

Regie: Noriaki Akitaya

Länge: 12 Folgen à 24 Minuten (auf Wakanim)

Sprache: Japanisch mit deutschen Untertiteln

Montag, 3. Februar 2020

Red Moon / Roter Mond

Ein Astronaut steht auf schwarzem Boden vor einem staubwolkigen Hintergrund
Die Erde und China im Umbruch, mit dem Mond als gut beleuchtetem Nebenschauplatz

Knapp 30 Jahre nach der Gegenwart, im Jahr 2048, befinden sich die Erde, der Mond, die USA und China im Umbruch. Die Kapitalüberschüsse, die China über das letzte Jahrhundert angehäuft hat, fließen in riesige Infrastrukturprojekte auf der Erde, im Weltraum und auf den Mond. Der Weltraumvertrag ist effektiv überholt. Auf dem Erdtrabanten wird von den USA und China geologische, selenologische und bergbauliche Forschung im industriellen Maßstab betrieben, ähnlich wie Japan Walforschung betreibt. Regelmäßig fliegen Raketen zum Mond und wieder zurück, der Südpol ist größtenteils unter chinesischer Kontrolle und der Nordpol international, natürlich unter der Führung der USA. Es gibt keine G8 oder G7 mehr, nur noch die G2.

Fred Frederikson kam zum Mond, um ein abhörungssicheres Telefon für den Leiter der chinesischen Basis zu installieren und lernt auf dem Hinweg Ta Shu, ehemaliger Poet und beliebte chinesische Netzpersönlichkeit, kennen. Als der Leiter und Fred beide vergiftet zusammenbrechen, hilft Ta Shu Fred dabei vom Mond zu fliehen, zusammen mit der schwangeren Prinzlingin Chang Qi. Auf der Erde trennen sich die Wege von Ta Shu und Fred sehr schnell, während Qi zusammen mit Fred untertaucht.

Mehr will ich gar nicht zur Handlung sagen, denn die Handlung an und für sich ist nicht so lang, aber für Stänge jenseits der Handlung wurde viel Stoff verwendet. So ist beispielsweise Fred relativ offensichtlich neuroatypisch, obgleich seine genaue Diagnose nicht benannt wird. Mir als Laien kommt es wie Asperger vor, aber wie gesagt, ich verstehe davon nichts. Es ist bloß klar, dass Fred zwischen die Linien der verschiedenen ränkeschmiedenden chinesischen Institutionen geraten ist.

Genau schnell wird klar, dass Qi zwar eine Prinzlingin ist, d.h. ihre Eltern sind in der Partei sehr weit oben und mächtig, aber auch dass sie nicht mit der Politik der Partei übereinstimmt. Sie wurde zu ihrem Schutz zum Mond geschickt, wo sie augenscheinlich wenig politischen Schaden anrichten konnte, bevor sie aufgrund ihrer Schwangerschaft zurück zur Erde musste. Willensstark und wütend ist sie beteiligt an den derzeitigen Unruhen in China, und unter Verdacht bzw. Vorwurf einer ihrer Rädelsführer zu sein.

Und zu guter Letzt Ta Shu. War er früher Professor für Poesie und selber Poet, so hat er seine dichterische Ader vor einigen Jahren aufgegeben und stattdessen Berühmtheit für seine Kolumnen und Reisetagebücher erlangt. Er bereist die Welt und gibt seine Eindrücke für chinesisches Publikum durch seine belesene, chinesische Linse wieder. Wie so viele Chinesen liebt er sein Land, aber das heißt nicht, dass er seine Augen vor dessen Problemen verschließen kann. Eine halbe Milliarde Menschen lebt und arbeitet in prekären Verhältnissen, weil veraltete Verwaltungssysteme sie dazu zwingen. Das chinesische Internet ist durch die Große Firewall vom Rest getrennt und bekommt bloß gefilterte Informationen. Pressefreiheit existiert bloß im Einklang mit dem Willen der Partei, und die Partei ist schließlich das Volk.

In den USA ist während der letzten Jahrzehnte die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter aufgeklafft und der Anteil der Prekären immer weiter gewachsen. Es formt sich eine „Bewohnervereinigung“, die eine Verstaatlichung von Kapital und Banken fordert, und zugleich findet ein Bankensturm statt, bei dem weite Teile der Bevölkerung ihr Geld von Banken abheben oder in Kryptowährungen transferieren.

Wie man sieht, ist das Ganze alles nicht leicht. Weite Teile des Romans folgen Fred und Qi auf ihrer Flucht, so dass sich mir ein bisschen der Eindruck eines Road Movies aufdrängte, bis darauf, dass dass es das nicht wirklich ist. Fred und Qi lernen sich kennen, und der Leser sie, aber genauso wird das Aufeinandertreffen der Kulturen, insbesondere bei Fred, sehr klar. Er hat schon so Probleme mit Menschen und Kommunikation, wenn da noch die zusätzliche Hürde einer anderen Kultur und ihrer kulturellen Geschichte hinzukommt, dann ist es wirklich schwer für ihn, Konzepte deckungsgleich mit seinen Vorstellungen zu bekommen. Am ehesten kann man es sich vielleicht so vorstellen, dass Qi Niederländisch und Fred Hochdeutsch spricht – bloß weil die Sprachen nahe verwandt sind und man einander beinahe verstehen kann, heißt das noch lange nicht, dass man es wirklich kann.

In dem Sinne ist Red Moon bzw. Roter Mond ein guter Einblick in die chinesische Psyche und Kultur. Es ist kein Rosettastein, aber zumindest ein Ansatz, an dem man sich anfangen kann entlang zu hangeln.

Skurril ist außerdem, dass der Roman offenbar nach den Regenschirmprotesten in Hongkong 2014 geschrieben wurde, aber vor den derzeitigen von 2019/20, denn innerhalb des Buches ist Hongkong gerade in den Nachwehen der bei der Übergabe 1997 abgeschlossenen chinesischen-britischen gemeinsamen Erklärung zu Hongkong. Genauso spielt der Roman explizit nicht im gleichen Setting wie KSR’s Mars-Trilogie.

Was ich dem Roman nicht so recht verzeihen kann, ist sein Ende, dass wirklich offen klafft. Allerdings würde es mich auch nicht wundern, wenn KSR keinen zweiten Teil schreibt, das traue ich ihm zu. Alternativ würde der potentielle zweite Teil nicht den Faden wieder aufnehmen, sondern zu anderen Orten und Personen wechseln.

Ich habe den Roman auf Englisch gelesen (diesmal nicht als Hörbuch), und anschließend in der deutschen Übersetzung geblättert, und ich muss sagen, so richtig überzeugt hat die mich nicht. Teilweise wurden Absätze umhergeschoben und ganze Sätze, die für das Verständnis durch relevant waren, komplett gestrichen. Da ich nie Übersetzer war, oder nie in der Position dafür bezahlt zu werden, kann ich keine Einblicke oder Erklärungen dafür geben, aber die Entscheidungslogik würde mich schon sehr interessieren. Ich meine damit nicht, dass eine Übersetzung länger ist als das Original; beim Lesen von englischsprachigen Büchern merke ich gelegentlich auf und frage mich, wie ich diesen oder jenen Satz übersetzen würde, und oftmals ist es einfach so, dass ein zackiger Ausdruck im Englischen keine einfache Übersetzung hat und daher umschrieben werden muss. Dennoch erklärt das nicht das Streichen von Sätzen und Absätzen, oder zumindest nicht in einem für mich zufriedenstellenden Maße.


Nahaufnahme eines Astronauten, im Visier reflektiert die rote, chinesischen Flagge
Ich habe gemischte Gefühle :/

Titel: Red Moon (bzw. Roter Mond)

Autor: Kim Stanley Robinson (Übersetzer: Jakob Schmidt)

Sprache: Englisch (Orbit), Deutsch (Heyne)

Länge: 480 Seiten / 143k Wörter, 624 Seiten / 152k Wörter

Sonntag, 26. Januar 2020

Kipo und die Welt der Wundermonster

V.l.n.r.: musikliebender Benson, in seinen Armen der verpuppte Dave, die namensgebende Kipo, die Überlebende Wolfi
Optimistische Postapokalypse für Kinder

Als ihr Dorf von einem Riesenmutanten angegriffen wird, findet Kipo sich unerwartet auf der Oberfläche wieder. Diese wurde von ein paar hundert Jahren von einer nicht näher genannten Katastrophe unbewohnbar gemacht. Der Mensch ist nicht an mehr die Spitze der Nahrungskette, sondern Mutanten, die erstaunlich wenig mit Menschen gemeinsam haben. Stattdessen sind es meistens seltsam abgewandelte, riesige Tiere, die mitunter intelligent sind und sprechen können. Und eine eigene, fantastische und seltsame Kultur haben.


Kipo schaut auf eine eine mannsgroße Schnecke mit einem Cadillac als Schneckenhaus.Während Kipo sehr gerne die ihr unbekannte Oberwelt erkunden würde, ist ihr ultimatives Ziel zu ihrem Vater zurückzukommen. Dabei trifft sie auf Wolfi, ein junges Mädchen, dass sich die letzten Jahre alleine auf der Oberfläche durchgeschlagen hat und sich dementsprechend verhält – sie ist grobschlächtig, martialisch, und immer in einem Wolfsfell gekleidet. Später kommen Benson und Dave hinzu, ersterer ist ein Junge mit einer Vorliebe für Hiphop und stets auf der Suche danach, seine Kasettensammlung auszubauen, sowie sein bester Kumpfel Dave. Dieser ist ein Mutant, der stetig seine verschiedenen Lebensphasen (Puppe, Larve, „Jugendlich“, Erwachsen, Rentner) durchmacht. Unglücklicherweise wechselt er zwischen seinen Phasen zu den ungünstigsten Zeiten.

Und so machen sich die vier auf die Suche nach einem alternativen Eingang in Kipos Untergrundheimat. Dabei stoßen sie auf eine Vielzahl eigener Kulturen, die teilweise mehr, teils weniger stark von Menschen zu inspiriert scheinen. Es gibt Wissenschaftswölfe, Dubstepbienen, Kolibribomber, Holzfällerkatzen, kurzum: eine vor Fantasie sprühende Welt, die trotz postapokalyptischer Szenerie auf dem metaphorischen Maßstab zwischen Idealismus und Zynismus fest auf der Seite des Idealismus angesiedelt ist. So gibt es beispielsweise eine Wiese, auf der sich haushohe, achtbeinige Megahunde tollen und miteinander spielen, scheinbar ohne eine Sorge in der Welt. 

Das Design der Figuren – zumindest der menschlichen – erinnert mich mit den etwas kantigen Gesichtszügen an die Teen Titans, aber das sage ich wahrscheinlich bloß, weil das mein nächstliegender Referent ist, ich habe aber keine Ahnung, ob es zwischen den Serien irgend eine tatsächliche Überschneidung gibt. Interessanter ist vielmehr, dass die Vorlage der Serie ein mittlerweile depublizierter Webcomic. Und ich sehe gerade, dass Rad Sechrist, der Autor, davor bei verschiedenen Studios als Charakterdesigner und Storyboarder arbeitete. Hm, vielleicht daher? Wie dem auch sei, das ist meiner Erfahrung nach sehr ungewöhnlich.
Der Optimismus der Charaktere ist ansteckend, ihre Charakterisierung solide, und die Welt einfach sehr schön gestaltet, während die Musik die Szenen sehr schön untermalt. Man merkt, dass jemand hier bildliche Ideen hatte, die auch visuell umgesetzt werden mussten.

Kipo steht mit einer Gitarre einem Megamutant gegenüber, der Mega-Affe betrachtet sie fasziniertDie deutsche Übersetzung und Synchronisation durch Hermes Synchron GmbH kamen mir auch recht gut vor, aber nicht herausragend. Auf wenn das jetzt etwas negativ klang, ist das nicht als solches gemeint. Zum Beispiel bin ich sehr davon begeistert, dass die internen Lieder größtenteils übersetzt und gesungen wurden (und wieso sind die nicht auf dem Soundtrack?). Andererseits war ich ein bisschen enttäuscht, dass bei den diversen Wortspielen nicht mal versucht wurde, diese umzusetzen. Bei einigen ist klar, dass sie schwer sind: wie soll man zum Beispiel den Bezug von Scarlemagne (der Charakter hat Narben, also scar, und Karl der Große heißt auf Englisch Charlemagne) auf Deutsch umsetzen? Soll man den Charakter etwa Kerb der Große nennen? Andererseits wären da die kofferwortigen humming bombers, die ganz stumpf als Kolibribomber übersetzt wurden. Da hätte man stattdessen auch Kolibomber nehmen können. Außerdem scheinen die deutsche Synchronisation und die deutschen Untertitel separat übersetzt worden zu sein? Zumindest sind die Untertitel nicht einfach die Texte der Synchronsprecher. Das gibt im Vergleich auf jeden Fall Einblicke in die (möglicherweise) verschiedenen Übersetzer.
Aber ich beschwere mich hier gerade auf hohem Niveau; die Animationen sind flüssig, die Bilder schön anzuschauen, kurzum: mir hat die Serie sehr gut gefallen, so dass ich mich auf eine neue Staffel freue. Wobei ich vom bingen der Serie abrate, dafür ist sie visuell einfach zu schön, man sollte sich schon ein paar Tage geben um die Folgen sacken lassen. 



Daumen hoch, mehr davon.

Titel: Kipo und die Welt der Wundermonster

Schaffer: Radford Sechrist

Länge: 10 Folgen à 24 Minuten (auf Netflix)

Sprache: Englisch, Deutsch

Samstag, 18. Januar 2020

Luna

Hyperkapitalismus und Dynastiendrama

Um die 2050er begann die ausschweifende Besiedlung und Industrialisierung des Mondes durch die sogenannten Fünf Drachen: die Mackenzies, die Suns, die Woronzows, die Asamoahs und die Corta. Diese Familien führten dieses Unternehmung an, und sie bestimmen die Politik und die Gesellschaft auf dem Mond, denn obgleich die Familien miteinander reden, sind sie auch alle in Konkurrenz miteinander.

Die Reihe spielt größtenteils um 2100. In die Welt eingeführt werden wir durch Marina, die sich als erdgeborene Tagelöhnerin auf dem Mond alles verdienen muss: Wasser, Luft, Kohlenstoff, Daten. Diese vier Elemente sind immer im Handel auf dem Mond, und ist das persönliche Konto nicht gedeckt, dann wird einem das betreffende abgedreht. Durch Glück kommt sie an einen Job bei den Cortas als Kellnerin und wird später als muskulöse Erdgeborene Leibwächterin für den Klan. Mit ihr stolpert der Leser durch die Familienpolitik, die politischen Ehen, die Eheverträge, Vertragsbrüche, und sogar durch Duelle auf den Tod.
Sie ist aber nicht die einzige Hauptfigur, sondern bloß die Einführung zu den Cortas, denen wir im Verlauf der Reihe folgen. Mit ihrer Spezialisierung auf 3He-Extraktion aus dem Mondregolith sind sie einer der Drachen und halten mit ihren Lieferungen die Lichter auf der Erde am brennen. Aufgrund ihres brasilianischen Erbes und Hintergrundes (und weil sie der „jüngste“ Drache sind) betrachten die Suns und vor allem die Mackenzies sie abfällig und machen ihnen gerne Claims streitig oder ziehen vor Gericht.

Ich wusste ja schon länger, dass der Mond eine herbe Geliebte ist, aber während Heinlein dies optimistisch darstellt, ist McDonalds Version das pessimistische Zerrbild. In einer durch reinen Kapitalismus beherrschten Welt gibt es keine Sozialsysteme, keine Rechte, keine Polizei, und keine höhere Autorität, auf die man sich berufen könnte, sondern nur Verträge und Schiedsgerichte. Auf dem Mond ist alles käuflich, einschließlich der Leben, denn man lebt immer auf Miete. Die Luft in den eigenen Lungen gehört einem nicht, genauso wenig wie das Wasser in den Zellen – all das hat man von der Lunar Development Corporation (Kapitalgesellschaft zur Mondentwicklung) gemietet.

Wenn man sich aber im Gegenzug die Erde anschaut, die in der Reihe bloß eine Nebenrolle darstellt, dann würde man dort auch nicht unbedingt leben wollen. Multiresistente Krankheiten sind die Norm, der Klimawandel führt regelmäßigen Wetterextremen, und der technologische Fortschritt hinkt mehr als ein Pirat mit Holzbein.

Dem Mond zugutehalten muss man, dass die Spektrumnatur von Sexualität und Geschlechteridentität so anerkannt ist, dass sie gar nicht erklärt wird, sondern einfach als Hintergrund vorhanden ist.



Ich weiß nicht so recht, wie ich die Reihe verorten soll. Die Welt von Luna ist schon ziemlich cool, aber so dystopisch, dass ich trotz des technologischen Fortschritts nicht in ihr Leben würde wollen.

Titel: Luna (bzw. Luna: New Moon), Luna: Wolfsmond (Luna: Wolf Moon), Luna: Drachenmond (Luna: Moon Rising)

Autor: Ian McDonald

Sprache: Deutsch (Heyne), Englisch (Tor)

Länge: 3x 416–449 Seiten

Freitag, 10. Januar 2020

Kaguya-sama: Love is War

Shirogane und Shinomiya stehen sich halb zugewandt, der Kamera halb abgewandt gegenüber, Shirogane hat hält eine Pistole hinter seinem Rücken während Shinomiya eine Bündel Kampfmesser versteckt. Die beiden lächeln sich an.
Wer sich zuerst verliebt, verliert!

Was machen zwei hochbegabte und überstolze Oberschüler, die sich ineinander verguckt haben und die von ihrer Erziehung und Umgebung unter höchsten Ansprüchen stehen? Sie versuchen den jeweils anderen zu einem Liebesgeständnis zu verleiten, denn…

Liebe ist Krieg!

Das ist im wesentlichen der Aufhänger von Kaguya-sama: Love is War. Die namensgebende Kaguya Shinomiya ist Vizepräsidentin des Schülerrates der hochrenommierten Shuchi'in-Schule und Tochter aus hohem Hause. Bei den regelmäßigen Prüfungen schneidet sie immer ganz oben ab. Ihr Gegenstück ist Miyuki Shirogane, Präsident des Schülerrates, der bisher immer den ersten Rang bei den Prüfungen belegt hat, aber aus bescheideneren Verhältnissen stammt.

Für Shinomiya liegt das Problem nicht nur in ihrem Eingeständnis, dass sie Gefühle für ihren Präsidenten hegt, sondern auch darin, dass sie die Erwartungen ihrer Mitschüler an sie als Vize-Präsidentin und Erbin des Riesenkonzerns Shinomiya, erfüllen will und muss. Daher steht es ihr nicht frei, Shirogane ihre Gefühle zu gestehen, geschweige denn nach einem Date zu fragen. In einer ähnlichen Position, aber mit leicht anderen Zwängen, befindet sich Shirogane. Er hat zwar nicht die gesellschaftlichen Erwartungen zu erfüllen, da er aus ,normalem‘ Hause kommt, aber auf ihm lastet die Vorbildfunktion als Schülerratspräsidenten und der Leistungsdruck, in allem schulischen Bester zu sein (auch und insbesondere wenn er kein Talent für das Fach hat). Er kann und will Shinomiya nicht seine Gefühle gestehen, da dies für ihn einer Niederlage gleichkommen würde.

Und aus diesen Widersprüchen ergibt sich die Komik in Kaguga-sama. Die beiden sind Hals über Kopf ineinander verschossen, aber wie es in romantischen Komödien üblich ist, bringen sie die wichtigen Worte und Taten nicht über sich, weil dies eine Niederlage dem anderen gegenüber wäre. Beide sind durch ihre Umgebung so auf ein gegeneinander gebürstet, dass für sie Liebe ein Nullsummenspiel ist.

Damit das ganze kein Kammerstück ist, gibt es natürlich noch weitere Charaktere: die lebenslustige Chika Fujiwara mit Politikerblut und den nerdigen und latent depressiven Yu Ishigami mit fragwürdiger Vergangenheit. Es ist wahrscheinlich, dass in der vor kurzem angekündigten zweiten Staffel Miko Iino auch noch auftreten wird, aber da ich den Manga nicht gelesen habe, kann ich nichts zu ihr sagen.

Die zwölf Folgen spalten sich immer in drei relativ unabhängige Geschichten auf, an deren Ende durch den Erzähler immer entschieden wird, wer die aktuelle ,Schlacht‘ gewonnen hat. Die Geschichten erfüllen oftmals die typischen Erwartungen, die man an einer romantischen Komödie an einer Oberschule stellen kann: ein Schüler fragt um Rat in Sachen Liebe (weder Shirogane noch Shinomiya sind allzu bewandert in dem Thema und versuchen sich durchzumogeln ohne aufzufallen), bei Regen muss sich ein Schirm geteilt werden, das von zuhause mitgebrachte Mittagessen, Besuch von der ausländischen Partnerschule, etc.

Mir gefiel (und gefällt) die Prämisse nach wie vor, wie abhängig man sich von den Erwartungen Anderer macht, und wie sehr diese Erwartungen dem Erlangen von ein bisschen Glücklichkeit im Wege stehen können. Üblicherweise bin ich es von Romcoms gewohnt, dass die beiden Hauptcharaktere es nicht über die Lippen kriegen, weil es ihnen peinlich ist und sie Angst haben, von ihren Mitschülern etc. ausgelacht oder aufgezogen zu werden. Es ist nicht so, dass die Beiden bei Kaguya-sama nicht das gleiche Problem haben, sie haben das, aber es macht Spaß zuzuschauen, wie die Beiden im Prinzip versuchen sich gegenseitig zu verführen, ohne dass es offensichtlich ist, dass sie es versuchen.
Um als Beispiel die Folge mit dem Regenschirm heranzuziehen: Shirogane fährt üblicherweise mit dem Rad zur Schule, aber er wusste, dass es regnen würde, also nahm er die Bahn und einen Klappregenschirm. Als Shinomiya sagt, dass ihr Chauffeur sie den Tag nicht abholen kann, sieht Shirogane seine Chance: er weiß, dass Shinomiya keinen Schirm dabei hat. Doch er muss sie dazu bringen, ihn dazu zu bitten, mit ihm den Schirm zu teilen.
Allerdings hat Shinomiya natürlich einen Schirm mit, weil sie wusste, dass es regnen würde. Und sie vermutet, dass Shirogane das nicht weiß; genauso vermutet sie, dass Shirogane einen Schirm dabei hat, denn er kam ohne Rad (die Fahrradständer sind leer).
Und so folgt man den Argumenten und Gegenargumenten, welche die beiden sich wie in einem Detektivduell an den Kopf werfen, bis Fujiwara ihnen ihren Schirm in die Hand drückt und Shirogane und Shinomiya zusammen in den Regen hinaus schickt.



Also zumindest ich werde mit Vorfreude auf die zweite Staffel warten.

Titel: Kaguya-sama: Love Is War

Regie: Mamoru Hatakeyama
Autor der Vorlage: Aka Akasaka

Länge: 12 Folgen à 24 Minuten (auf Wakanim)

Sprache: Japanisch mit deutschen Untertiteln

Donnerstag, 2. Januar 2020

Girls’ Last Tour

Chi und Yuu auf ihrem Krad. Chi schaut in die Kamera, während Yuu vor sich hin träumt.
Mit der besten Freundin dem Ende entgegen

Girls’ Last Tour ist mir letztens in die Empfehlungen reingerutscht und ich muss sagen: das war gut so. Der Anime hat mir sehr gefallen.

Eine Stadt mit Wohnblöcken erstreckt sich bis zum Horizont; am rechten Rand ragen massive Säulen auf, die eine Ebene über der Stadt tragen, auf der wiederum Wohnblöcke und Gebäude sind. Die setzt sich zwei weitere Ebenen, bis zum oberen Ende des Bildes.
Die entvölkerte, mehrebenige Stadt
Der Hintergrund ist fix erzählt. Chi und Yuu sind zwei Mädels, die durch eine menschenverlassene, postapokalyptische Stadt fahren, immer auf der Suche nach Proviant, Wasser und Treibstoff für ihr Kettenkrad. Dabei erleben sie nicht wirklich Abenteuer, sondern genießen die kleinen Glücksmomente, die sich ihnen auf ihrer Suche anbieten.

Weder für die Beiden noch für den Zuschauer ist es wichtig, was genau diese Stadt entvölkert hat, denn dies ist nicht der Sinn des Anime. Es gibt zwar Hinweise, wie zum Beispiel das Datum und die Bilder im Fotoapparat, aber diese sind nicht der Fokus und auch nicht das Ziel von den Beiden. Statt sich mit einem klassischen Handlungsbogen zu beschäftigen, schaut man Chi und Yuu zu, wie sie ihr Krad durch ein zerfallene, kilometerlange Gebäude steuern und sich ganz nebenbei über dieses und jenes und ihre Umgebung unterhalten. Der Zuschauer (bzw. Leser) folgt den beiden, wie sie sich Stück für Stück ihrem Ziel, die Spitze der Stadt zu erreichen, nähern. Dabei stolpern oder irren sie nicht voller Verzweiflung durch die Stadt, wie man es vielleicht von den (vermutlich) letzten Überlebenden eines Dorfes erwarten würde, sondern suchen scheinbar bloß nebenbei nach Lebensmitteln. Sie scheinen zu wissen, dass sie am Ende ihres Weges nicht wirklich Rettung erwartet und haben sich bereits oder versuchen sich damit abzufinden. Solange Chi und Yuu einander haben, können sie ihr Los ertragen.

Ich glaube, um dieses Werk richtig zu verstehen, sollte ich wohl kurz mal „Mono no Aware“ anschneiden. Dieses japanische Konzept lässt sich als „Der Pathos der Dinge,“ oder auch „Das Herzzerreißende der Dinge“ übersetzen und meint im wesentlichen, dass man sich ob der Vergänglichkeit und Endlichkeit von etwas abfinden muss. Man kann traurig sein, aber es zugleich akzeptieren. Wie sehr man das Licht einer Kerze auch liebt, irgendwann wird sie heruntergebrannt sein. Man mag traurig über dieses Ende sein und mit der Kerze Mitgefühl haben, aber man akzeptiert die Unabwendbarkeit.

Chi und Yuu stehen vor einem Panzer, aus dessen Lauf springbrunnenartig ein klarer Wasserstrahl sprüht; der Zufluss ist ein offenes Rohr oberhalb der Einstiegslucke, aus der Wasser direkt in den Panzer fließt.
Verlassenes Kriegsgerät + Wasser = Springbrunnen
Und genau in diesem Gefühl ist Girls’ Last Tour zuhause. Yuu und Chi wandern durch eine Welt, bei der jeder ihrer Schritte auf Menschenwerk fällt; sie sind umgeben von Lagerhallen und Kriegsgerät, deren Funktionen und Funktionsweisen sich ihnen nicht erschließen, und ihr Interesse daran ist auch beschränkt. Die Serie ist sehr Slice-of-Life, aber halt in einer Welt in welcher die Welt bereits größtenteils untergegangen ist und nur noch ihre Nachwehen durchlebt, bevor sie endgültig den Geist aufgibt.

Dabei sind die beiden Hauptcharaktere gute Gegenspieler. Die schwarzhaarige Chi ist pflichtbewusst und belesen und steuert das Krad, während die blonde und sorglose Yuu auf dessen Ladefläche liegt und sich auf die nächste Mahlzeit freut. Die beiden kümmern sich umeinander, nicht nur weil sie es müssen, sondern auch weil sie es wollen. Sie haben zwar ein diffuses Ziel, die oberste Ebene der Stadt zu erreichen, aber sie haben dieses eher, weil es ein brauchbares denn nützliches Ziel ist. Sie überleben um des Überlebens Willen auf dieser ihrer letzten Tour durch eine längst entvölkerte Welt.

Der Anime basiert übrigens auf der gleichnamigen 6-bändigen Mangareihe von Tsukumizu und setzt gut 2/3 der Vorlage um.

Ich habe das Gefühl, ich kann irgendwie nicht so richtig ausdrücken, was genau mich an der Serie so fasziniert. Ist es die Melancholie? Das postapokalyptische Setting? Das niedliche Charakterdesign? Der schöne Soundtrack? Ich kann es nicht festmachen, ich weiß bloß, dass mir die Serie sehr gut gefällt.
Es schadet auf jeden Fall nicht, dass sie mich in dieser melancholischen Grundstimmung an Hitoshi Ashinanos Yokohama Kaidashi Kikō / Yokohama Shopping Trip erinnert, das zwar auch irgendwie in einer dem Weltuntergang nahen Welt spielt, aber doch auch ganz anders ist.



Eine sehr schöne, melancholische Serie.

Titel: Girls’ Last Tour

Regie: Takaharu Ozaki

Länge: 12 Folgen à 24 Minuten (auf Netflix)

Sprache: Japanisch mit deutschen Untertiteln, Deutsch

PS: Das mit den militärischen Uniformen hat eine bestenfalls nebensächliche Bedeutung.