Samstag, 19. Januar 2013

Ralph reichts

Videospielböser will nicht mehr Böse sein


Nicht nur die Spielzeuge aus Toy Story werden aktiv, sobald keiner hinschaut, sondern auch in den Videospielhallen (auch Arkade genannt) erwachen die verschiedenen Figuren zu leben, sobald die Arkade geschlossen ist. Dabei sind alle Automaten über das Wunder des Stromkabels miteinander verbunden, so dass die Charaktere – nach Geschäftsschluss versteht sich – ihr jeweiliges Spiel verlassen und in ein anderes gehen können.

So auch Randale Ralph. Er ist der Bösewicht in dem Arkadeklassiker Fix-it Felix, bei welchem Ralph auf ein Hochhaus klettert und es dabei kaputt macht, während ihm Felix folgt und alle Schäden repariert.

Ralph mag der Bösewicht im Spiel sein, aber das bedeutet noch lange nicht, dass er ein böser Wicht ist (Letzteres allein schon aufgrund seiner Körpergröße nicht). Er ist neidisch auf Felix, der ihn immer besiegt und Torten und Medaillen von den Hochhausbewohnern bekommt. Zum 30. Jahrestag geht er daher zur Selbsthilfegruppe der Bösewichte und spricht sich aus.

Er hat die Nase gestrichen voll. Er möchte auch eine Medaille, auch mal von der Torte kosten, und so kehrt er seinem Automaten den Rücken und greift eine günstige Gelegenheit beim Schopf. In einem Egoshooter schafft er es, eine Medaille zu bekommen, bekommt Probleme und landet schließlich in einem Funracer à la Mariokart, aber mit Süßigkeitenthematik.

Dort trifft er Vanellope, eine ausgestoßene Rennfahrerin, die mit Glitchen, also Programmierfehlern behaftet ist. Zudem ist sie rotzfrech und hat sich durch einen Zufall Ralphs Medaille „geliehen‟. Um sie zurückzubekommen, muss Vanellope nur ein Rennen gewinnen...


Ralph reichts ist eine schöne Homage an die Zeit der Arkadehallen mit ihren Automaten, in denen unter anderem auch Mario seinen Anfang nahm. So sind bei dem Treffen der Anonymen Bösewichte Zangief, Bowser, Dr. Robotnik, ein Zombie, Satán und noch mehr altgediente. Genauso sind in der Steckdosenleiste, die als Knotenpunkt zwischen all den Automaten dient, im Hintergrund dutzende Figuren und Charaktere aus allen möglichen Spielen zu entdecken, teilweise aus den obskursten vorstellbaren Klassikern.

Mit einem Auge für all diese Kleinigkeiten ist es dabei den Animateuren und dem Regisseur gelungen, den verschiedenen Figuren Leben einzuhauchen und ihnen eine charakterliche Tiefe zu verleihen, die weit über ihren zweidimensionalen Ursprung hinaus geht.

Die Handlung verläuft dabei einigermaßen vorhersehbar und gradlinig mit nur einer unerwarteten Überraschung, aber für Kinder ist der Film trotzdem allemal sehenswert. Allerdings kann man sich den Aufpreis für 3D schenken, es wird nur subtil eingesetzt und an wenigen Stellen auffallen.

Für Kinder ist der Film somit sehenswert aufgrund der lebendigen Figuren und witzigen Handlungen, während Erwachsene allein schon aufgrund all der kleinen und liebevollen Seitenhiebe ihre Freude an Ralph reichts haben werden. Mir hat er gefallen.

Titel: Ralph reichts

Regie: Rich Moore

Länge: 108 Minuten

Witziges Detail: Zangief's Stimme (K. Dieter Klebsch) ist auch die vom Weihnachtsmann aus Hüter des Lichts, was bei der zeitnahen Veröffentlichung der Filme vielleicht etwas unglücklich ist. Zumal beide Rollen den gleichen russischen Akzent haben...

PS: Der Vorfilm ist schön.

PPS: Ich fühlte mich an Kid Radd erinnert...

Mittwoch, 16. Januar 2013

Kid Radd

Videospielguter muss sein Spiel verlassen


Kid Radd ist ein Webcomic von Dan Miller, der sich mit den Problemen beschäftigt, denen sich der gleichnamige Held Radd stellen muss, als er plötzlich aus seiner Videospielwelt befreit wird und auf eine völlig andere Gesellschaft trifft.

Radd ist ein Videospielcharakter. Und er ist abgefahren, zumindest seiner eigenen Meinung nach. Zudem ist er der Held seines Videospiel, einem typischen 80er Jahre Jump 'n Run. Ziel des Spiels ist es, bis zum Endgegner zu kommen, diesen zu besiegen und somit Radds Freundin Sheena zu befreien.

Radd weiß auch, dass er durch einen Spieler gesteuert wird, und obgleich dessen anfängliches Verhalten ihn etwas frustriert, ringt ihm die über viele, viele Spiele erworbene Erfahrung doch ein wenig an Respekt ab.

Doch nachdem der Spieler das Kid Radd abgeschlossen hat, findet sich Radd immer in einer zeitlosen Leere wieder, bis er eines Tages aus seinem Spiel befreit wird und sich der Gesellschaft jenseits seiner Welt stellen muss. Zusammen mit ihm wurden auch alle anderen Sprites befreit, wie zum Beispiel Sheena und Bogey (einer dieser typischen Anfangsgegner, die immer hin- und hergehen).

Diese Gesellschaft namens Hopetown besteht aus ebenfalls befreiten Spielfiguren, sogenannten Sprites, und an deren Spitze befinden sich die Moderatoren. Sie sind eine Art Polizei und zugleich Herrscher und Verwalter dieser neuen, durch sie aus ihren Spielen befreiten Sprites. Sprites haben Jobs, Wohnungen und gehen allen möglichen Tätigkeiten nach.

Die Moderatoren derweil befreien weiterhin Sprites aus ihren Spielen, worüber die meisten von ihnen auch glücklich sind, aber es fällt doch einigen schwer, sich diesen radikal anderen Bedingungen anzupassen.


Kid Radd ist ein Spritecomic, das heißt alle Figuren und fast die gesamte Gestaltung orientieren sich an den frühen Videospielen, wie sie in den 1980er Jahren Standard waren. Kantige Klötzchen, zweidimensional, 8bit-Musik.

Dies, gepaart mit dem teilweise klischeehaften Verhalten der Charaktere, die wirklich ihrer Epoche entsprungen zu sein scheinen, ergeben zusammen einen nostalgischen Charme. Dabei ist der Comic oft genug durch Gifs animiert, aber nicht größer als die in den 80er Jahren verbreitete Auflösung.

Einen großen und überaus gut ausgearbeiteten Aspekt nimmt die Handlung ein. Es kommen fast ständig witzige Szenen und Interaktionen vor, die Pointe am Schluss fehlt selten, aber trotzdem schafft es Miller eine durchgehende und spannenden Geschichte zu erzählen. Teilweise nimmt sie durch die notwendige Selbstfindung von Radd mit sich selbst sogar philosophische Züge an, ohne sich in einer Nabelschau zu verlieren.

Und noch etwas zum Schluss: Will man den Comic mit gelegentlicher Musik genießen, muss man ihn mit dem Internet Explorer lesen.

Titel: Kid Radd

Autor: Dan Miller

Seiten: 601, durchgehend farbig, abgeschlossen