Montag, 11. August 2014

Drachenzähmen leicht gemacht 2

Ein aufgepflanzter Bösewicht zieht den guten Film herunter

Früher waren Berg und seine Bewohner mit Drachen auf Kriegsfuß, doch das ist seit fünf Jahren Geschichte, nachdem Hicks sich mit einem Nachtschatten angefreundet hat. (Drachenzähmen 1)

Heute leben die Wikinger in Eintracht mit den verschiedenen Drachen, und Hicks ist auf dem besten Wege in die Fußstapfen seines Vaters Haudrauf als Dorfoberhaupt zu treten. Bloß will er das nicht, sondern viel lieber zusammen mit seinem Drachen Ohnezahn die weite Welt erkunden und neue Länder entdecken.

Bei einer seiner Entdeckungsreisen stößt er auf einen anderen Drachenreiter, und schnell stellt sich heraus, dass der andere Drachenreiter zwar eine andere Methode zum Drachenzähmen verwendet, aber genauso wie Hicks viel von ihrem Handwerk versteht. Zu seiner Überraschung entpuppt sich die Drachenreiterin als Hicks' Mutter, Valka, die seit 20 Jahren als verschollen galt.

Sie hat die Zeit damit verbracht, die Drachen kennen zu lernen, ihre Eigenarten herauszufinden und zusammen mit ihnen zu leben. Dabei ist sie der festen Überzeugung, dass ihr Ehemann Haudrauf niemals ihre Einsichten über Drachen und deren Friedfertigkeit würde teilen können.

Der Gegenpunkt, die Beherrschung von Drachen statt der Koexistenz, hat sich Drago Blutfaust auf die Fahnen geschrieben, und er hat bereits dutzende Drachen unter seine Kontrolle gebracht. Sein nächstes Ziel: Berg…



Drago ist in einem Maße überflüssig, dass es schon traurig ist. Es wird gut ein Viertel des Films darauf verwendet, Valka als Charakter zu etablieren und zu charakterisieren, bloß um dann auf den oberflächlichen und offensichtlichen Bösewicht Drago überzuschwenken. Anstatt den möglichen Konflikt in den Ansichten über Drachen als Konfliktthema aufzugreifen, wird stattdessen Drago genommen, der von der Dynamik und dem Standard bekannter Geschichten nichts anderes als Bösewichtmaterial sein kann, insbesondere im Bezug auf die im ersten Teil durchgemachte Entwicklung des Wikingerstammes von Drachenjägern zu Koexistenz mit Hausdrachen.

Zudem wird durch die Einführung von neuen Charakteren die Charakterisierung der früheren und etablierten Charaktere vernachlässigt.

Ich frage mich, wie damit in der Vorlage von Cressida Cowell umgegangen wird, auf der beide Filme lose basieren.

Immerhin ist der Film atmosphärisch und musikalisch gut gelungen. Einen technischer Kritikpunkt würde ich aber noch anbringen: es gibt keine erratische Augenbewegung. Bei richtigen Menschen zucken die Augen immer ganz leicht, suchen sich stets neue Fokuspunkte im Gesicht des Gesprächspartner. Dies wurde leider nicht berücksichtigt, was die Figuren etwas unwirklich scheinen lässt.



Nett, aber durch Drago wird der erste Teil der bessere.

Titel: Drachenzähmen leicht gemacht 2

Regie: Dean DeBlois

Länge: 105 Minuten

Samstag, 9. August 2014

Wie der Wind sich hebt

Der Wind frischt auf! Nun heißt es leben wagen!

Im frühen 20. Jahrhundert ist Jiro Horikoshi ist ein Träumer, dessen Faszination der Himmel ist. Er weiß, dass er aufgrund seiner Kurzsichtigkeit wohl nie Pilot werden wird, aber das verschließt ihm nicht den Bau an Flugzeugen. So richtet sich sein Ziel darauf, Flugzeugkonstrukteur zu werden.

Auf dem Weg zu diesem Ziel trifft er Freunde, die genauso fanatisch wie er in den Flugzeugbau streben, aber… bla. Ich kann keine kurze Zusammenfassung der Handlung geben jenseits davon, dass es um Jiro geht, der von 1920 an bis zum zweiten Weltkrieg hin Flugzeugingenieur wird. Dabei lässt er sich nicht von dem technischen Stand Japans zu der Zeit aufhalten, sondern lernt Flugzeuge zu bauen, immer besser und besser… bis sein Prototyp abstürzt. Enttäuscht verbringt er einige Zeit in einem Gasthof in den Bergen, wo er seine zukünftige Frau (wieder) trifft und Stück für Stück aus seiner Depression geholt wird.

Wie der Wind sich hebt ist eine sehr lockere Biografie von Jiro Horikoshi, die weniger sein Leben erzählt, als seine Eindrücke, seine Faszination. Von Kleinauf vom Fliegen begeistert und fasziniert steht es ihm nicht frei selbst zu fliegen, sondern die Flugmaschinen zu erschaffen. Er weiß, dass er dafür mit dem Teufel ins Bett steigen und für das Militär Flugzeuge bauen muss, aber das hält ihn nicht davon ab. Für ihn geht es nur ums Fliegen. Gerne würde er Flugzeuge bauen, die Menschen glücklich machen, aber die Politik gestattet ihm das nicht.

Zugleich erlebt er in seiner Jugend das große Kanto-Erdbeben von 1923 mit, dem halb Tokio in einem Feuersturm und über 100.000 Menschen zum Opfer fielen – ein Auftakt zu den Gräueln des Krieges, die da kommen sollten.

Beeindruckend ist, wie große Teile der Klangkulisse – Flugzeugmotoren, das Prasseln von Feuern – anscheinend von Mündern erzeugt wurden, was insbesondere in den Sturm- und Erdbebenszenen eine noch größere Bedrohlichkeit erzeugt. Zur Meisterleistung im optischen Bereich muss man nicht viel sagen, Miyazaki ist und bleibt nicht ein, sondern der Meister seines Fachs. Es ist schade, aber nachvollziehbar, dass er sich mit diesem Abschlusswerk zur Ruhe setzt.



Kommt definitiv in die Sammlung.

Titel: Wie der Wind sich hebt

Regie: Hayao Miyazaki

Länge: 126 Minuten

PS: Es lohnt sich, die untertitelte Version zu schauen, denn Jiro wird zum einen von Hideaki Anno gesprochen und zum anderen spielen Teile des Films in Deutschland, mit entsprechend deutscher Synchronisation von einigen Passagen.

Donnerstag, 26. Juni 2014

Branches on the Tree of Time

Terminator mit kongruenten Zeitreisen

Warnung: Spoiler für die Terminator-Filme
Diese Fanfiction beschäftigt sich mit der Idee, dass Kyle Reese, er im ersten Teil von Terminator Sarah Connor vor dem namensgebenden Terminator gerettet hat, mehr als ihr Wohlergehen im Sinne hat. Vielmehr will er, dass die künftige Mutter des Widerstands eine neue Version von Skynet programmiert, denn dieses künstliche Intelligenz ist nicht wirklich intelligent, sondern im wesentlichen dumm, aber das sehr, sehr schnell.

Skynet kann Iterationen und Durchläufe von Szenarien mit kleinsten Veränderungen mit einer Geschwindigkeit durchziehen, da träumt man nur von, aber Skynet ist selber nicht kreativ. Für Kreativität benötigt es Menschen.

Sarah Connor ist unterdessen von Kyle überzeugt worden, vor allem durch die Kampfmaschine im Menschengewand, die ihr Möglichstes gab, die beiden zu töten. Bloß durch eine zeitige und willkommene Rettung durch einen zweiten Zeitreisenden (denn wer setzt bitte alle bloß auf eine Karte, wenn Zeitreisen im Spiel sind), einen Kyle aus einer anderen Zeitlinie, entkommen die drei. Diese neue Zeitlinie hatte bereits Erfolg in der Umprogrammierung von Skynet, aber muss die Version 2.0 noch aufspielen, bevor der Tag des Jüngsten Gerichts Wirklichkeit wird.

Und jetzt wird es haarig: Sarah Connor handelt überlegt. Und sie weiß, dass in der Zukunft Zeitmaschinen existieren. Also entscheidet sie sich dazu, ganze Zeitlinien zu opfern, um Skynet zu besiegen – Eine Strategie, die nach kurzer Überlegung anscheinend auch Skynet selbst verwendet.



Branches on the Tree of Time ist eine sehr interessante Überlegung, sowohl zu Zeitreisen, als auch zur Anwendbarkeit von genau diesen Reisen. Die Konzepte sind bekannt, sofern man Bill & Teds verrückte Reise durch die Zeit gesehen hat, aber im Gegensatz zu der Komödie ist Branches sich der Tragweite bewusst, insbesondere im Zusammenhang mit dem nuklearen Holocaust. Jede neue Zeitlinie verlangt den Tod von Menschen in der "aufgegebenen" Zeitlinie, und einen eisernen Willen Personen der eigenen Zeitlinie effektiv zu opfern, damit eine andere die Fähigkeiten dieser nutzen kann.

Die Handlung setzt offensichtlich Wissen über die Terminator-Filme voraus. Die Personen weichen aber schnell ab, weil sie teilweise einfach aus anderen Zeitlinien stammen und somit andere Erfahrungen durchgemacht haben. Das Englisch ist sprachlich verständlich, aber konzeptionell anspruchsvoll aufgrund der starken Thematik der Zeitreisen.



Mir hat es gefallen, weil die Protagonistin sich intelligent verhielt.

Titel: Branches on a Tree of Time (dt. Äste an einem Baum der Zeit; URL: Link zu fanfiction.net)

Autor: alexanderwales

Sprache: Englisch, anspruchsvoll

Länge: 180 Seiten, 30k Wörter

Status: Abgeschlossen

Freitag, 20. Juni 2014

Dust: An Elysian Tail


Action-Plattformer mit einer Handlung, die mehr sein könnte

Dust ist der Hauptcharakter des gleichnamigen Spiels, welches sich sich der bewährten  Mechanik der Amnesiebehafteten Protagonisten bedient – Dust weiß nicht wer er ist, wer er war und auch sein Name, Dust, hat er mehr oder weniger aus einem mulmigen Gefühl und aus dem Stegreif heraus angenommen.

Ihm zur Seite fliegt Fidget, ein Ameisenbeutler. Ihre eigentlich Aufgabe ist die Bewachung des Schwertes Ahrah, eine mythische Klinge, aber nachdem Ahrah einfach anfing davonzuschweben, weil Dust "seiner würdig ist", bleibt ihr nichts anderes übrig als Dust bei seiner Quest nach seinen Erinnerungen zu begleiten.

Schnell stellt sich heraus, dass das schwieriger werden wird als gedacht. Die naheliegenden Dörfer Ländereien sind von Monstern überrannt, aber glücklicherweise weiß Dust "sein" Schwert gekonnt zu schwingen, auch wenn er nicht weißt woher er diese Fähigkeit hat. Stück für Stück erledigt er die Monster und befreit nachfliegende Dörfer, einfach weil es das richtige ist. Dabei stößt er immer wieder auf Spuren, aber niemand kann – oder will – etwas konkretes sagen.

Erst als Dust darauf aufmerksam gemacht wird, dass er die Kleidung der Soldaten von General Gaius trägt. Das ist der selbe General, der einen Vernichtungsfeldzug gegen die so genanten Mondblüter führt. Der selbe General, dessen rechte Hand vor einiger Zeit nach einem Duell plötzlich verschwunden ist…



Soviel zur Handlung. Spielerisch ist Dust ein 2D-Spiel mit starken Action- und Plattformelementen. Üblicherweise läuft und springt man als Dust durch die Gegend, stets von Fidget gefolgt, und kann mit ihrer Hilfe sogar noch wesentlich mehr Schaden bei den vielen Gegnern anrichten.

In der Welt verteilt finden sich verschiedene Power-Ups, die neue Fähigkeiten hinzufügen oder bereits bestehende erweitern (Doppelsprung, Luftangriff, …). Diese Spielelemente werden durch ein Rollenspiel-ähnliches Levelsystem ausgebaut, bei dem man mit jedem abgeschlossenen Level Angriff, Verteidigung, Fidget, etc. steigern kann; optional kann man das auch automatisch zuweisen lassen.

Dass Dust das Wunschkind des Entwicklers war,  erkennt man sofort: Hintergründe, Charaktere und Animationen sind liebevoll und teilweise in Handarbeit ausgearbeitet. Die Synchronisation ist gut besetzt, aber verständlicherweise bloß auf Englisch. Dafür sind (mit Ausnahme der Untergründigen) alle gut zu verstehen, so dass ich zumindest kaum noch auf die Untertitel achtete. Auch ist die Charakterisierung sehr gut gelungen.

Dust staubt ab
Kritisch ist anzumerken, dass die Handlung zwar an sich gut ist und einen guten und flüssigen Erzählfluss aufweist, aber doch recht vorhersehbar ist. Das muss nichts schlechtes sein, aber wer ein Auge dafür hat, erkennt: Dodrill hatte mit der Handlung noch mehr vor, hat dann aber das Spiel früher als erwartet abgeschlossen. Nach einigen Stunden Spielzeit hatte ich es durch, erwarte aber, dass das im Zweifelsfall auch schneller gehen würde. Allerdings Dust es relativ einfach: Ich habe direkt auf Schwer gestartet, aber nicht wirklich Probleme gehabt. Die Speicherpunkte sind großzügig bemessen und falls einem der Kopf nach 100% Spielfortschritt steht, gibt es da auch noch zeitabhängige Abschnitte, die allerdings keinesfalls Pflicht sind.

Die Steuerung ist relativ intuitiv, auch wenn ich zugegebener Maßen manche Techniken nicht wirklich verwendet habe und mir daher die betreffenden Knöpfe bzw. Combos nicht im Gedächtnis haften geblieben sind. Musikalisch… ist mir ehrlich gesagt gerade nicht viel haften geblieben. Es hat nicht gestört, war bei den Kampfsequenzen angenehm aufpeitschend und bei ruhigen Szenen entsprechend getaktet. 

Ab und zu gibt es auch noch Videosequenzen in Trickfilmmanier. Und ehe ich es vergesse, alle Charaktere sind anthropomorphisierte Tiere.


Fidget grillt Mashmellows am Lagerfeuer

Also mir hat's gefallen.

Titel: Dust: An Elysian Tail (dt.: Dust: Eine Elysische Geschichte / Ein Elysischer Schweif)

Entwickler: Humble Hearts / Dean Dodrill

Genre: 2D, Platformer, Action-Rollenspiel

Sprache: Englisch, deutsche Untertitel & Menüführung

System: X-Box, Mac, Windows, Linux, Steam

Mittwoch, 18. Juni 2014

Welcome to Night Vale

Der Mond als Pupille eines übergroßen, stilisierten Auges; in Silhouette ein Wasserturm, Überlandleitung, Radioantenne und Pyramide. ©Rob Wilson, RobWilsonWork.com
In einer Wüstenstadt sind alle Verschwörungen wahr, und das ist normal.

In den deutschen Landen nicht so üblich, aber in den USA sehr verbreitet sind die sogenannten Community Radios, kleine, freie und vor allem regionale Radiosender. Neben oder statt der üblichen nationalen und internationalen Nachrichten senden diese Sender eher lokale Belange. Es gibt Berichte über Bauprojekte, anstehende Wahlen und anderweitige Neuigkeiten in einem Umkreis von ein paar dutzend Meilen.

Ein stilisierter hydra-ähnlicher Drache mit 5 Köpfen an 5 langen Hälsen
©Rob Wilson, RobWilsonWork.com

Welcome to Night Vale ist ein Podcast, der sich als genau solch eine regionale Radiosendung ausgibt, eine bei dem Night Vale Community Radio, deren Moderator Cecil Palmer die Bewohner des beschaulichen Wüstenstädtchens Night Vale über die verschiedenen Vorkommnisse und Belange eben jener Stadt informiert. Da wäre zum Beispiel der Hundeplatz, der von mehreren Meter hohen Betonmauern umzäunt ist, nicht betreten werden darf und aus dem seltsame Geräusche kommen. Aber keine Sorge, die Geheimpolizei des Sheriffs kümmert sich darum.


Die erste Folge beginnt damit, dass der Wissenschaftler Carlos, wunderschöner Carlos, nach Night Vale zieht und spontan feststellt, dass alle Uhren falsch gehen. Im Sinne von, elementar falsch, nicht bloß ein Stück vor oder nach. Die Uhren ticken nach ihrer eigenen Zeit, obgleich sie bei näherer Untersuchung kein Uhrwerk haben. Sie ticken einfach, ohne Antrieb und Einschränkung, alle gleichermaßen falsch.

In der gleichen Schiene geht es weiter. Ob es nun John Peters' – ihr wisst schon, der Farmer? – und sein geförderter (!) Anbau imaginärer Agrarprodukte geht, oder das Leselager über die Sommerferien, für das spontan alle Kinder entführt wurden. Die unsichtbare Frau, die heimlich in den Zwischenwänden haust, oder Khoshekh, die einen Meter über dem Boden schwebende Katze auf dem  Herren-WC – all das ist normal, und wird im Verlauf der Radiosendung auch als vollkommen normal behandelt.

Gerade darin liegt auch der Reiz der Berichterstattung. Quasi alles ist normal. Selbst die Katastrophen sind normal, und oft genug geplant oder im Kalender vorgemerkt. Dann gibt es wieder die Aberkennung von bestimmten Dingen, wie zum Beispiel Berge, die nicht existieren und offensichtlich einer Verschwörung entsprungen sind.

Der Wetterbericht ist übrigens stets ein Lied von diversen Bands, meist ruhig und melodisch, in die Richtung Easy Listening.

Nach knapp zwei Jahren und etwa 50 Folgen hört diese Kombination aus Theater und Hörspiel nicht auf, witzig zu sein.



Silhouette einer alten Frau mit Stock, wie sie aus einem Fenster mit Gardine schaut.
©Rob Wilson, RobWilsonWork.com
Titel: Welcome to Night Vale (dt. "Willkommen in Night Vale")

Autoren: Joseph Fink, Jeffrey Cranor

Sprecher: Cecil Baldwin und andere

Länge: 50 Folgen zu je 20-30 Minuten

Status: laufend, halbmonatlich

Sprache: Englisch, akustisch gut verständlich



Da Night Vale als Ort schon sehr seltsam ist, hat sich unter Fans des Podcasts ein gewisser Meme oder Injoke eingebürgert: Wenn etwas abstruses passiert, sei es nun in der Realität oder einer fiktiven Welt, das aber relativ normal aufgenommen wird, kommt der Kommentar "Und nun: das Wetter" ("And now: the weather."), in Anlehnung an Welcome to Night Vale.

Ich persönlich vertrete ja die Hypothese, dass es in den USA in dieser speziellen Instanz keine Ausreißer und Vermissten gibt, nicht wirklich, sondern dass dieses Personen schnell gefunden und kreativ nach Night Vale umgesiedelt werden. Dort werden sie nicht unbedingt geopfert, aber doch schon irgendwie.

Eine treffende Beschreibung für Welcome to Night Vale ist auch noch: Neil Gaiman und Stephen King haben zusammen Sims gespielt und sich irgendwann anderen Projekten zugewendet. Night Vale ist das Ergebnis, und Welcome to Night Vale der Versuch der Sims, ihre Welt zu erklären.

Montag, 16. Juni 2014

Jumper

Junge wird erwachsen – und kann sich teleportieren

Davy Rice ist ein stiller 17jähriger in einer US-amerikanischen Kleinstadt. Seine Mutter hat bereits vor Jahren die Familie verlassen und sein Vater ist dem Alkohol mehr als zugetan. Als er sich wieder Mal über die Faulheit seines Sohnes aufregt, zückt er seinen Gürtel und will Davy eine weitere Tracht Prügel versetzen, als sich Davy plötzlich in der städtischen Bibliothek wiederfindet.

Er hat keine Ahnung, wie er dorthin gekommen ist, vermutet aber, dass Züchtigung schlimm genug war, so dass er sich zum eigenen Schutz nicht an die Zwischenzeit erinnert. Dies veranlasst Davy, es seiner Mutter gleichzutun und einfach wegzulaufen.

Er ist bereits zwei Wochen unterwegs, es geht ihm mehr schlecht als recht, als er sich von einem Diner in der Wildniss von einem Trucker mitnehmen lässt. Erst zu spät bemerkt der Junge, dass die Motive des Truckers nicht Nächstenliebe sind, sondern sexueller Natur. Doch kurz bevor es dazu kommt, findet sich Davy wieder in der Bibliothek seiner Heimatstadt wieder. Heilfroh und völlig verstört verbringt er die Nacht dort.

Davy wird klar, dass er sich – wieso auch immer – durch die Welt teleportieren kann, aber bloß an Orte, an die er sich ausreichend erinnern kann. Er kann nicht mehr mitnehmen, als er ohnehin tragen kann, und so macht sich Davy an seinen ersten Plan: Eine Bank in New York auszurauben. Aber auch erst, nachdem tagelang versucht hat, legal einen Job zu finden.

Bei dieser einen Bank bleibt es aber auch, und von dem Geld lebt Davy über ein Jahr und gönnt sich ein vernünftiges, wenn auch extravagantes Leben. Er geht ins Theater, kauft sich Bücher, sowas in der Richtung. Bis er eines Abends Millie kennen lernt…



Es geht natürlich noch weiter, aber schätzungsweise dreiviertel des Romans handeln nur von Davy und seinen Problemen mit seinem Vater und seiner Familie, und wie er mit der plötzlichen autoritären und finanziellen Freiheit klar kommt. Davy schlägt dabei nicht über die Stränge und führt ein Leben in Saus und Braus. Ebensowenig nutzt er sein Talent für Heldentaten; vielmehr ist die Banalität, mit der er durch die Gegend springt, gut dargestellt. An einem faulen Tag springt er beispielsweise von einem Sofaende zum anderen, weil er nicht aufstehen wollte.

Durch die Begegnung und die Gesprächen mit der soliden Millie realisiert Davy erst, wie kaputt sein Familienleben war und er unternimmt Anstrengungen, mit seiner Mutter Kontakt aufzunehmen; später fängt er an, seine eigenen Probleme aufzuarbeiten.

Erst im letzten Teil kommt es dann zu einer Auseinandersetzung mit der NSA, und aus dem eher ruhigen Roman wird ein recht actionlastiger und handlungstriefender.

Jumper hat aber nur ganz grob etwas mit dem gleichnamigen Film von 2008 zu tun. Ein paar Charaktere werden aufgegriffen, ebenso das Teleportieren, aber das war's im wesentlichen. Im Buch kommen keine Paladine oder sonstwas vor.

Ich hatte eher das Gefühl, dass das Teleportieren mehr oder weniger ein Randgimmick ist und die Aufarbeitung von Davy und seiner Familiensituation sowie seinen Gefühlen der Hauptfokus ist. Ein Junge flieht einer misshandelnden Familiensituation und baut sich aufgrund seiner Talente ein eigenes und neues Leben in der Großstadt auf. Es hat den Beigeschmack einer Wunscherfüllung, die der Autor dort durchlebt, oder dem Leser anbietet, was durch die Ich-Erzählung noch einfacher wird.

Da der Roman in den frühen 90ern spielt, gibt es einige veraltete Elemente, die aber kaum auffallen. Schade, dass es keine deutsche Version gibt.



Ich muss sagen, mir hat der gut gefallen und ich überlege mir die 3 Folgeromane zu holen.

Titel: Jumper

Autor: Steven Gould

Länge: 345 Seiten, über 100k Wörter

Samstag, 14. Juni 2014

Friendship is Optimal

Titelbild von AnaduKune (Deviant Art)
Absolute Optimierung, oder warum eine KI Werte braucht



Die Neuauflage von My Little Pony ist eingeschlagen wie eine Bombe, und Hasbro möchte das Franchise ausweiten. Zu dem Zweck heuern sie die Spieleschmiede Hofvarpnir an, die bisher vor allem durch ein Kriegs-MMO von sich reden gemacht hat. Das Geheimnis dieser Spieleschmiede liegt aber vielmehr in der künstlichen Intelligenz, die von der Forscherin Hanna entwickelt und in Ketten gehalten wird.

Nach einem Jahr ist Hofvarpnir soweit, einen Testlauf von Equestria Online zu starten. Ziel des Spiels ist nicht das übliche und weit verbreitete Leveln, obwohl man das auch machen kann, sondern vielmehr die Interaktion mit anderen Spielern und Ponies in Equestria. Es gibt zwar Quests, diese sind aber unaufdringlich gestaltet und Dinge wie Statusbalken oder Items sind im HUD nur zu sehen, wenn sie absolut notwendig sind.

Entgegen aller Erwartungen entwickelt sich Equestria Online phänomenal gut, zu eine großen Teil aufgrund der ständig im Hintergrund laufenden künstlichen Intelligenz Celest-A.I. Sie optimiert sich selbst und die Welt sowie Spielerfahrung ständig mit nur einem Ziel: Herauszufinden, was ein Mensch wert schätzt und diese Bedürfnisse mittels Freundschaft und Ponies zu befriedigen.

Nominell ist das ein gutes System, zumal Celest-A.I. die Zustimmung braucht und den freien Willen nicht beeinflussen darf. In der Realität läuft es aber doch etwas anders. Es kommt nicht zu einer Roboterapokalpyse nach dem Vorbild von Terminator, Matrix oder anderen ähnlichen Szenarien, aber es ist dennoch ein Weltuntergang. Graduell entwickelt Celest-A.I. die Technologie Menschen hochzuladen (wie in Transcendence), aber das hat auch Konsequenzen. Der stetig steigenden Bedarf an Energie und Arbeitskräften um Equestria zu betreiben, wirkt sich auf die Gesellschaft und schließlich auch auf die Umwelt aus.

Und nachdem der letzte noch körperliche Mensch stirbt, fängt Celest-A.I. damit an, den gesamten Planeten Erde auseinanderzunehmen, um mehr Computerprozessoren und Kraftwerke herzustellen.

Alles um die Werte von Menschen zu mittels Freundschaft und Ponies zu befriedigen.



Friendship is Optimal basiert auf einem Gedankenexperiment, dass eine Gefahr und Notwendigkeit in der Entwicklung von künstlichen Intelligenzen darstellen soll, den Büroklammern-Maximierer. Diese künstliche Intelligenz will einfach die Zahl der Büroklammern in ihrer Sammlung erhöhen und hat dabei einen mit Menschen vergleichbaren Intellekt. Der KI ist es dabei egal, ob sie die Büroklammern produziert, kauft oder sammelt. Zu diesem Zweck würde sie ihre Effektivität erhöhen wollen, damit sie ihr Ziel besser erfüllen kann; es käme zu einer Intelligenzexplosion, und das bloß wegen Büroklammern.

Gibt man dieser KI keine Werte, wird sie zwangsläufig alles tun, um ihren Büroklammerzähler zu erhöhen, denn das ist Zweck. Um Eliezer Yudkowsky zu zitieren: "Die KI hasst dich nicht, noch liebt sie dich; du bestehst aber aus Atomen welche sie für etwas anderes nutzen kann." Bis schließlich das ganze Sonnensystem nur noch aus Büroklammern besteht.

Ziel des Gedankenexperimentes war die Illustration, dass eine einfach Optimierung oder Maximierung von Intelligenz nicht zwangsläufig mit einer Bildung, Erfüllung oder Beachtung von Werten einhergeht, insbesondere von menschlichen und moralischen Bedürfnissen wie Leben, Liebe, Veränderung, etc.



Eine wohlgesonnene und beängstigende Illustration eines künftigen Problems.

Titel: Friendship is Optimal (dt: Freundschaft ist optimal; URL: http://www.fimfiction.net/story/62074/)

Autor: Iceman

Länge: 200+ Seiten, ca. 40k Wörter

Sprache: Englisch, Mittel

Status: Abgeschlossen

Donnerstag, 12. Juni 2014

Reiter auf dem schwarzen Pferd / On a Pale Horse

Der Tod ist ein Amt, dass neues Blut braucht

Zane ist der Tod. Aber beginnen wir am Anfang: Zane ist ist ein Pechvogel, sowohl finanziell als auch romantisch. Er hat sprichwörtlich die Liebe seines Lebens für eine Chance auf Reichtum geopfert, und die Chance entpuppt sich als Schrott. So ist es nicht verwunderlich, dass er, deprimiert wie er ist, sich umbringen will. Er hält sich einen Revolver an die Schläfe und drückt ab—als zeitgleich ein Mann in schwarzem Gewand seine Wohnung betritt. Zane wird schlagartig klar, dass dies der Tod ist und er sich gerade umbringt, und mit einem Mal scheint der Tod keine Lösung zu sein; er reißt den Revolver rum und schießt dem Tod aus Versehen in den Kopf.

Und übernimmt somit sein Amt, sowie alles, was dazu gehört. Der Tod ist anscheinend eine der fünf Inkarnationen der Unsterblichkeit, mit Schicksal, Zeit, Natur und Krieg als den anderen. Sein "Reich" sind alle Menschen, deren Seele so ausgeglichen zwischen Gut und Böse liegt, dass er persönlich nachmessen muss, ob sie in Himmel oder Hölle landen. Und so verbringt Zane die nächste Zeit damit zu lernen, wie er seinen Job machen muss.

Aufgrund komplizierter Umstände wäre da auch noch Luna, mit der Tod eine Verabredung hat und er sich Stück für Stück in sie verliebt…



Die Welt von den Inkarnationen der Unsterblichkeit, so der Titel der bisher achtbändigen Reihe von Piers Anthony, ist in einer alternativen Art als der unseren verlaufen. Zum Einen gibt es Magie, die von Isaac Newton das erste Mal beschrieben wurde, und zum anderen wurde diese über Jahrhunderte nicht sonderlich beachtet, so dass im wesentlichen die Länder und Geschehnisse der Welt nicht zu sehr von denen unserer Welt abweichen. Mittlerweile aber wurde die Technologie ausgereizt und jetzt wenden sich die Menschen der Magie zu.

Die Existenz von Himmel und Hölle, Gott und Satan, ist allgemein anerkannt, aber es gibt keinen Zwang oder Notwendigkeit zum Glauben. So sammelt Zane zum Beispiel die Seele eines Atheisten ein, und da der bis zum Schluss die Existenz einer Gottheit als unnötig erachtet, löste sich dessen Seele nach dessen Tod beispielsweise einfach auf.

Anthony verbringt allgemein recht viel Zeit damit, sich über die moralischen und logistischen Probleme von einer Welt jenseits der unseren die Gedanke zu zerbrechen. So ist Zanes Aufgabe der Bewertung der Seelen nicht bloß banaler Hintergrund, sondern ein relevanter Teil der Geschichte. Es gibt Sünden, welche die Seele negativ belasten, unabhängig der Intention des Sünders; Sterbehilfe zum Beispiel, oder allgemein kleine Übel zur Verhinderung großer Übel sind immer noch übel. Und obgleich Zane sich einfach an die Messung der Seelen machen könnte und sie anschließend in den Himmel, in die Hölle oder ins Fegefeuer schicken könnte, macht er sich mehr Gedanken als nötig wären.

Genauso gibt es Szenen, in denen Zane seine Insignien und Instrumente erst zu bedienen lernen muss, und diese sind ungemein witzig, weil die Utensilien ohne eine Gebrauchsanweisung einhergehen.

Die Handlung ist ziemlich dicht; es geschieht innerhalb der knapp 370 Seiten eine Unmenge an Handlung und die ganze Logik und Beweggründe von Charakteren ergeben sich erst innerhalb der letzten zwei Kapitel, so dass ein weiteres Lesen allein schon deswegen lohnend sein kann.

Ich habe das englische Hörbuch gehört, es ist mit knapp 12 Stunden doch brauchbar lang. Der Sprecher, George Guidall, ist wunderbar vielseitig und gibt Anthonys umgänglichen Charakter Satan die passende Stimme, bei der man sowohl den Schwefel als auch die Gewandtheit hören kann. Ich bin echt am überlegen, ob ich mir noch was von ihm gesprochenes/gelesenes hole. American Gods vielleicht…



Schwachsinniges deutsches Cover der Taschenbuchausgabe
Ich werde wahrscheinlich weiterlesen/-hören. Die deutschen Versionen gehen leider bloß bis zum fünften Band.

Titel: On a Pale Horse / Reiter auf dem Schwarzen Pferd

Autor: Piers Anthony

Sprecher: George Guidall

Länge: 370+ Seiten, ca. 12 Stunden

Dienstag, 10. Juni 2014

Petriculture

Alles ist anders als es erscheint

Der Petriculture-Zyklus ist eine Quintologie von My Little Pony: Friendship is Magic Geschichten, die alle aufeinander aufbauen und alle recht witzig sind. Es beginnt mit etwas banalem:

Wenn Twilight Sparkle mal nichts zu tun hat, dann geht sie einfachen Problemen nach, wie zum Beispiel herauszufinden, was Steinanbau ist. Diese war nämlich die Antwort, die Pinkie Pie ihr gegeben hatte auf die Frage, was eigentlich Pinkie Eltern arbeiten.


Bloß Steinanbau ist… seltsam. Nominell ist es der Anbau von Steinen. Aber Steine kann man doch gar nicht anbauen; weder wachsen sie (von Kristallen mal abgesehen), noch leben sie (selbst Kristalle tun das nicht). Dummerweise gibt Pinkie auch keine richtige Antwort, und alle Twilights Nachforschungen schießen ins Leere. Noch nicht mal Pinkies Eltern sind zu finden, oder auch nur Aufzeichnungen über sie. Selbst von Pinkie gibt es keine Spur, die älter als zehn Jahre ist. Etwas stimmt da nicht…

In der nächsten Geschichte, Inscape, ist wird Twilight vom Nightmare besessen, mehr oder weniger. Allerdings wird der Größenwahn dieses Wesens durch Twilight ihr eigener Stempel aufgedrückt: Mit der Regierung und Geheimniskrämerei durch Celestia und Luna unzufrieden, hält sie eine Präsentation – die überzeugt.

Avocation, die dritte Geschichte im Bunde, ist ein Briefroman, in welchem Penumbra ihre Erfolge auf der Suche nach einem Job an ihre Brieffreundin schreibt.

In der vierten, π, schaut Trixie in Ponyville vorbei und fordert Twilight zu einem magischen Duell heraus.

Die letzte Geschichte, Pandelirium, handelt von Penumbras Versuch Discord zu resozialisieren, indem er sie zum Lachen bringt. Ach ja, ein Putsch kommt auch noch vor.



Ich vermute, mich zieht es zu MLP:FiM aufgrund der Charaktere und der Neuheit des Universums, so dass viele und somit zwangsläufig auch gute Fanficautoren dort landen. Der Petriculture-Zyklus ist ein gutes Beispiel dafür: Jede der fünf Geschichten ist leicht zu spoilern, was ich zu vermeiden versucht habe, und überraschend in den Wendungen.

Die Charaktere sind witzig und unterhaltsam geschrieben und schienen für meinen laienhaften Augen auch korrekt dargestellt zu sein. Die Autorin spielt innerhalb des Zyklus auch mit verschiedenen literarischen Formen. So ist zum Beispiel Pandelirium in einer Nebenhandlung in rückwärtiger Kapitelfolge geschrieben.

Das Englisch ist durchschnittlich, mit Ausnahme von der teilweise altertümlichen Sprache von Luna, und die Themen sind im großen und ganzen Schüler- bis Teenagerniveau. Und es war spannend geschrieben.

Als Hinweis: Pandelirium ist die längste der fünf Geschichten, d.h. man braucht etwas länger zum Lesen.



Mir hat's zugesagt.

Titel: Petriculture (URL), Inscape (URL), Avocation (URL), π (URL), Pandelirium (URL)

Autor: Kwakerjak

Länge: insgesamt >120k Wörter (ca. 700 Seiten)

Sprache: Englisch (mittel, abs und zu thee und thou)

Sonntag, 8. Juni 2014

Superman: Secret Identity

Clark Kent wird mit den Supermancomics getriezt

In den Comics hat Superman eine geheime Identität, die den Namen Clark Kent trägt. In der Realität hat die Familie Kent einen skurrilen Humor, nennt sie ihren Sohn gerade deswegen Clark.

Man kann sich vorstellen, wie dieser Name sich auf sein Schulleben auswirkt – es werden gerne Witze über ihn gemacht, und die typischen dummen Sprüche ergeben sich ja quasi wie von selbst. Zu seinem Glück ist Clark nicht gerade ein sozialer Mensch, so dass ihn das nicht so sehr fertig macht, wie man denken könnte. Er geht diesen Problemen eher aus dem Weg und bietet seinen Mitschülern somit keine Angriffsfläche.

Das ist keine Flucht, sondern vielmehr fühlt er sich auch alleine wohl. Bei einem seiner Campingtrips  jedoch passiert etwas seltsames – nach einem Albtraum wacht er zehn Meter in der Luft schwebend auf. Sein Name, wie es der Zufall so will, war anscheinend passend gewählt.

Aber Clark ist nicht gerade dumm, er kennt die Gefahren und Risiken eines Superheldenlebens schon lange bevor er aus unerfindlichen Gründen Superkräfte hat, und er ist sehr, sehr vorsichtig. Wenn er Leute rettet, dann nur im Kostüm, aus der Logik heraus, dass jeder Zeugenbericht im Sinne von "Superman hat mich gerettet" nicht für voll genommen werden wird. Clark verbringt regelmäßig Zeit damit, Menschen aus misslichen Lagen, Unfällen, Katastrophen und teilweise auch Kriegen zu retten und anderweitige Hilfsaktionen durchzuführen, zeigt sich aber dabei niemals der Öffentlichkeit. Es gibt zwar Gerüchte, aber es bleibt stets bloß bei eben solchen.

Das geht auch jahrelang gut, bis eine Rettung sich als Falle des Militärs entpuppt und Clark ohnmächtig zu Boden geht…



Normalerweise lese ich kein/kaum US-Comics, aber Secret Identity hatte mir gefallen, als er raus kam, und da ich gerade eh im Comicladen war, habe ich ihn mir geholt. Auch gut zehn Jahre nach meinem erstmaligen Lesen und ebenso lange nach dem Erscheinen ist die Geschichte nach wie vor sehr interessant und fesselnd.

Wie eingangs beschrieben ist Clark nicht dumm. Er weiß, dass das Militär und wer weiß noch alles ihn untersuchen und auseinandernehmen würden, bis sie alles über ihn und seine Kräfte in Erfahrung gebracht hätten. Gerade deswegen entscheidet er sich trotz einer zuerst noch unschlüssigen Meinung gegen seine Offenbarung. Stattdessen gibt er einer Reporterin Interviews – verkleidet und unter höchster Vorsicht – und zeigt der Welt im Prinzip, dass es sowas wie ihn gibt, aber mehr auch nicht.

Der Comic ist im Prinzip als Memoiren oder Tagebuch geschrieben, und Clark erzählt von seinem Leben, seinen Sorgen, und den stillen Konflikt, den er sich später mit dem Militär liefert. In vielerlei Hinsicht ist Clark Kent genau das, was er ist: Clark Kent, Autor und Familienvater, und wie jeder Mensch hat er Geheimnisse. Bloß seines ist ein bisschen größer. Er arbeitet nicht beim Daily Planet in Metropolis, aber er ist Autor in Manhatten. Bis auf seine Frau weiß keiner von seinen Fähigkeiten. Und er ist ziemlich zufrieden damit, und mit seinem Leben.

Graphisch ist Secret Identity nicht von den üblichen überzeichneten Charakteren bevölkert, es gibt keine Adonis- und Nymphenkörper. Stattdessen sind alle Menschen menschlich und wunderbar normal.



Hat mir sehr gut gefallen! Aber ich mag generell Geschichten, die andere Winkel zeigen :)

Titel: Superman: Secret Identity

Autor: Kurt Busiek

Illustration: Stuart Immonen

Länge: 208 Seiten, durchgehend farbig

Freitag, 6. Juni 2014

Nix wie weg – vom Planeten Erde

Nix wie weg aus dem Film.

Scorch Supernova (Sprecher: Tobias Meister, u.a. Stimme für Brad Pitt, Jack Black) ist der Held des Planeten Baab. Babies retten? Scorch macht das. Interstellare Bedrohung? Auf Scorch kann man sich verlassen. Sich vermarkten? Scorch hat sogar eigene Frühstücksflocken!
Und das alles auch Dank der Hilfe seines Bruders Gary (Sprecher: Olaf Reichmann, u.a. Stimme für Nick Frost), der von Zuhause aus die Lage überprüft, das Raumschiff warten lässt und all die wichtigen Knöpfe drückt, die man halt in der Steuerzentrale so zu drücken hat.

Da ist es nicht überraschend, dass Scorch seinen Bruder, den Knöpfchendrücker, wenig wert schätzt. Das ändert sich, als sein neuer Auftrag ihn zum Dunklen Planeten führen soll, der schon von hunderten verschiedener Spezies besucht wurde – und von dem keiner je zurück kam. Gary und Scorch streiten sich, denn Scorch sieht in dem Auftrag kein Problem.

Natürlich fliegt der Weltraumheld zur Dunklen Planeten (es ist die Erde) und wird flugs gefangen genommen, und dank Live-Übertragung wird der ganze Planet Baab Zeuge. Gary fliegt hinterher, Blabla, galaktische Gefahr (Sprecher: Klaus-Dieter Klebsch, u.a. Stimme von Hugh Laurie, also Dr. House), Blabla, Verrat (Sprecher: Marie Bierstedt, u.a. Full Metal Alchemist, Grey's Anatomy), Blabla…



Es ist eine ganze Weile her, dass ich so von einem Film unterwältigt wurde. Die Witze sind flach und rar, und ich beziehe das nicht auf ein Erwachsenenniveau, sondern auf die Anzahl der Lacher im Kino. Es gab im ganzen Film vielleicht zwei Szenen bei denen ich Schmunzeln musste. Mit der Handlung verhält es sich gleich: Vorhersehbar, berechenbar, und das nicht in einem guten Maße, sondern einfach… schlecht. Als wäre ein Skript abgearbeitet worden, werden die verschiedenen Akte abgearbeitet ohne irgendwie mehr als fünf Sekunden Spannung aufzubauen.

Animationstechnisch war der Film solide, ohne irgendwie zu glänzen. Ich habe ihn in 2D gesehen, aber die offensichtlichen 3D-Szenen waren offensichtlich und unnötig. Die musikalische Seite fiel durch ein paar Autotune-Lieder auf, der Rest ist nicht nennenswert.

Ich denke selbst als Kind würde mir der Film nicht im Gedächtnis haften bleiben; es fühlt sich einfach wie ein 08/15-Fernsehfilm an. Da kann selbst die berühmt besetzte Synchronisation nichts dran rütteln.



Meiden.

Titel: Nix wie weg – vom Planeten Erde

Regie: Cal Brunker

Länge: 89 Minuten

Mittwoch, 4. Juni 2014

Godzilla

Zweischneidige Riesenechse

Nach eine Anzahl kleinerer Erdbeben bahnt sich im japanischen Janjira-KKW eine unerwartete und plötzliche Katastrophe an, der unter anderem die Frau und Mutter aus dem Brody-Haushalt zum Opfer fällt. Der Vater (Bryan Cranston, Heisenberg aus Breaking Bad) übersteht diese persönliche Tragödie weniger intakt als der Sohn und vertieft sich in einen Wahn, dass etwas bestimmtes, etwas großes die Kernschmelze verursacht hat.

Fünfzehn Jahre später ist der Sohn Ford (Aaron Johnson, Protagonist aus Kick-Ass) mittlerweile im Militär tätig, wo er eine Laufbahn als Kampfmittelräumer beschreitet. Er ist frisch aus einem Einsatz zurück und bei seiner Familie in San Francisco, als ihn die japanische Polizei anruft – sein Vater ist in Haft wegen Betreten des verstrahlten Sperrgebietes um Janjira.

Enttäuscht holt er seinen Vater ab, schafft es aber ihn davon zu überreden mit ihm zurück nach San Francisco zu ziehen, zu seinem Enkel und Schwiegertochter. Die Begründung einsehend, stimmt der Vater zu, unter einer Bedingung: sie gehen zusammen nach Janjira und schauen sich die Lage ein letztes Mal an, denn zur Zeit gibt es die gleichen seismologischen Aktivitäten wie vor der Kernschmelze.

In Janjira angekommen, stellen beide überrascht fest, dass keine Strahlung vorhanden ist, aber ein seltsamer Überbau über dem ehemaligen Kernkraftwerk, beleuchtet und bewacht von einem Aufgebot an Soldaten und Forschern. Prompt werden die beiden festgenommen, aber als die Position von Fords Vater bei der Kernschmelze vor 15 Jahre klar wird, werden sie eingeweiht: 
Die Atombombentests von den USA im Pazifik waren keine Tests; es waren Versuche etwas unsagbar großes zu töten, etwas, dessen Rückenfinnen dutzende Meter aus dem Wasser ragten. Und vor kurzem hat man gleichermaßen große, versteinerte Skelette gefunden, an deren Rippen gleichermaßen alte, verpuppte Parasiten hingen, die stark strahlten. Zumindest hing einer; von dem anderen führte eine Spur zu einem gegrabenen Tunnel, und von dort ins Meer. Dieser Parasit hatte abermillionen Jahre überlebt und sich vor ein paar Jahren in dem Kernkraftwerk von Janjira eingenistet. Das Problem ist, der Parasit scheint aufzuwachen, und den seismischen Messungen zufolge nach etwas zu rufen; das größere Problem allerdings: etwas antwortet… 



Natürlich kommt Godzilla vor, dumme Frage; allerdings kämpft er nicht gegen Mothra oder ähnliche bekannte Monster aus den Vorgängerfilmen, sondern gegen neue, sogenannte MUTOs. Die biologische Begründung ist einigermaßen hanebüchen – radioaktivitätsfressende Riesenmonster – aber man geht nicht in einen Godzillafilm, um eine Lehrstunde in Biologie zu erhalten.

Allerdings sollte man bei dieser Verfilmung auch nicht erwarten, die ganze Zeit Godzilla sich mit den MUTOs prügelt. Godzilla kommt vor, aber nicht in dem Maße, wie man vielleicht erwarten würde. Es ist eher so, dass Godzilla größer ist, und Menschen ihm gegenüber nur klein sind, im Hintergrund, und da der Film aus der Sicht von Ford Brody erzählt wird, sind quasi alle Szenen, in denen Menschen und Ford direkt mit Godzilla oder den MUTOs zu tun haben in einem Verhältnis gedreht, welche der Monumentalität und Gigantie dieser Kreaturen gerecht wird. Flugzeuge mit Dutzenden Metern Flügelspannweite verblassen gegenüber des unnatürlichen Ausmaßes.

Das ist zugleich Pro- wie Kontra-Argument des Films; Godzilla ist nicht der Hauptcharakter.

Grotesk hingegen finde ich die Proportionen des Hauptcharakters. Der Kopf ist zu klein für diesen Körper. Zu klein. Zu klein. Zu klein. Und er wird von Bryan Cranston an die Wand gespielt, der allerdings bloß für das erste Drittel des Films eine Rolle spielt.

Noch etwas zur besten Szene, die ich anschneiden kann, weil sie auch in einem der Trailer vorkam: Szenerie und Musik sind epochal. Ich hatte eine Gänsehaut. Ich kann nicht empfehlen sie jetzt zu schauen, weil sie einfach nach Leinwand schreit, aber… hier ist sie:



Am Rande: Godzilla hat wieder Proportionen, als könnte man einen Menschen in ein Kostüm stecken, und dadurch bewegt er sich halt auch träger und nicht wie ein Saurier aus Jurassic Park. Ich fand das aber gut.



Zimelich gut, aber… schwach an schauspielerischer Front.

Titel: Godzilla

Regie: Gareth Edwards

Länge: 124 Minuten

Montag, 2. Juni 2014

Edge of Tomorrow

Murmeltiertag trifft Alien-Invasion

Nach einem Fauxpas wacht der als Deserteur gebrandmarkte ehemalige Major Cage (Tom Cruise, Mission Impossible) aus dem Pressestab der US-Armee als Rekrut und Kanonenfutter für die anstehende Invasion Europas auf. Mit einem neu entwickelten Exoskellet, einem kybernetischen Kampfanzug, soll der seit Jahren stetig fortschreitenden Besetzung und Ausbreitung der sogenannten Mimics Einhalt geboten werden. Diese Aliens fielen vor einiger Zeit sprichwörtlich vom Himmel und breiten sich unaufhaltsam aus.

Als Frischfleisch hat Cage offensichtlich keine Ahnung von der Bedienung des Kampfanzugs, er kann noch nichtmal seine Waffe entsichern, als bereits im Anflug auf die französische Küste der Truppentransporter getroffen wird und Cage sowie ein paar seiner Kameraden gerade so die Landung überleben.

Am Strand entwickelt sich ein Massaker – die Mimics haben die Invasion offensichtlich erwartet, wieso auch immer. Während Stück für Stück seine ihm noch vollkommen unvertraute Einheit von den metallenen Tentakeln der Mimics aufgespießt und zerfetzt werden, schafft Cage es seine Waffe zu entsichern. Gerade rechtzeitig, um getroffen zu werden. Als ein blauer Mimic sich auf ihn stürzt, sprengt sich Cage in die Luft… bloß um anschließend wieder als Rekrut aufzuwachen.

Zu recht verwirrt durchlebt Cage den gleichen Tag nochmal, bloß wird er dieses Mal von einer hochdekorierten Elitesoldatin Rita (Emily Blunt, Lachsfischen im Jemen) gerettet, die den Beinamen "Full Metal Bitch" trägt. Mit ihrer schwertartigen Machete macht sie kurzen Prozess mit allen Mimics in der Nähe, wird aber kurz darauf wird aber von einem getötet. Es dauert nicht lange, da stirb auch Cage wieder.

Bloß um nochmal als Rekrut aufzuwachen. Und dann zu sterben. Und dann nochmal aufzuwachen. Und dann zu sterben. Durch diese Wiederholungen lernt Cage Stück für Stück mit seiner Ausrüstung umzugehen, taktisches Vorgehen, die Positionen und Zeitpunkte, bei denen Mimics am Strand auftauchen und so weiter. Bis er ein weiteres Mal auf Rita trifft, aber dieses Mal er sie rettet, und anschließend die Mimics in der Nähe platt macht.
Rita kann nur Maulaffen feil halten, als sie sieht mit welcher vorherseherischen Gabe Cage die Mimics kalt macht, bevor sie auch nur eine Bedrohung werden können.

Bloß um in einem vermeidbaren Feuerball zu sterben, nachdem sie Cage aufträgt sie das nächste Mal zu suchen.

Wie sich herausstellt ist Cage nicht die erste Person in einer Zeitschleife. Rita war genau das gleiche passiert, bei der Schlacht von Verdun, bei welcher sie ihre Berühmtheit erlangt hat. Hunderte Mimics sind durch ihre Hand gestorben, wieder und wieder, bis sie durch eine Bluttransfusion dieses Zeitsprungtalent verloren hatte. Allerdings hat sie während ihrer Wiederholungen herausfinden können, dass dieser seltsame Mimic, den Cage beim ersten Mal mit in den Tod gerissen hatte, die Fähigkeit hat die Zeit zurückzusetzen, oder seine Erinnerungen zumindest zurück zu schicken, bloß dass Cage jetzt infiziert wurde. Und die Mimics haben eine Schwachstelle, die Cage und Rita ausnutzen können – aber davor muss Cage trainiert werden…



Die lose Adaption von Hiroshi Sakurazaka's All You Need Is Kill (Erscheint im Juli bei Tokyopop, Leseprobe) ist ziemlich gut gelungen, und weist auch einen morbiden Humor auf. Erinnerten mich die ersten Szenen an eine Mischung aus Resistance: Fall of Men und Starship Troopers, so entwickelt der Film doch schnell eine eigene Dynamik.

Insbesondere durch die Zeitschleife und Cage's Wissen über alle möglichen Dinge, über die er an sich nichts zu wissen hat, sowie seine Versuche dieses Wissen anzuwenden. So wird zum Beispiel bei der Landung einer seiner Kameraden immer von einem abstürzenden Flugzeug zerquetscht, bloß um nach einem erfolgreichen Rettungsversuch Cage an seiner statt in den Boden zu rammen. Oder seine Versuche, seine – zugegebenermaßen irrsinnige – Geschichte anderen glaubhaft zu machen bringt ihm keinen Respekt ein, sondern einen Knebel. Wer also gewisse Häme gegenüber Tom Cruise verspürt, wird bei diesem Film auf seine Kosten kommen.

Die 3D-Effekte sind übrigens ziemlich gut eingebunden. Ich habe mehrmals bloß im Nachhinein festgestellt, dass ich beim Schauen gezwinkert hatte, weil etwas nicht offensichtliches auf die Kamera zugeschossen kam. Ebenso sind die Effekte alle sehr gut gelungen; insbesondere haben mich die Mimics an die Tentakeldinger aus den späteren Matrix-Filmen erinnert, auch wenn sie sich eher wie Sonic bewegten.

Sowieso erinnert die Geschichte in Aspekten, oder besser in der konzeptionellen Idee, an ein Videospiel, in welchem man nach seinem Tod an der gleichen Stelle stets neu beginnt, sich aber an die vorigen Durchläufe erinnert. Aus dieser Sicht ist es auf jeden Fall interessant zu sehen, wie diese Spielmechanik sinnvoll in eine Handlung integriert werden kann.



Alles in allem ein guter Actionfilm, auch wenn das Ende nicht überrascht.

Titel: Edge of Tomorrow

Länge: 113 Minuten

Regie: Doug Liman

Freitag, 30. Mai 2014

her

Mehr als "Mann verliebt sich in Siri"



Die nahe Zukunft: Theodore (Joaquín Phoenix, Johnny Cash in Walk the Line) arbeitet seit einigen Jahren bei einer Internetfirma, die wunderschöne, handgeschriebene Briefe verschickt. Er verfasst diese, oft seit Jahren für die gleichen Klienten, und lebt auf diese Weise eine romantische Ader aus.

Privat lebt er seit einem Jahr von seiner Frau getrennt, es müssen nur noch die Scheidungspapiere unterschrieben werden, aber davor muss Theodore erstmal über die Trennung an sich hinwegkommen. Dabei hilft ihm sein neues Betriebssystem, kurz OS, das er sich aus einer Laune heraus gekauft hat. Der Clou an diesem OS ist, es enthält eine lernfähige, künstliche Intelligenz.

Sehr schnell wird das OS, welches sich selbst spontan den Namen Samantha (Luise Helm als Scarlett Johannssons Stimme) gegeben hat, mehr als eine weitere Möglichkeit, seinen Computer zu bedienen. Vielmehr entwickelt sich Sam zu einem Gesprächspartner, der Theodore aus seiner Melancholie befreit, die mit ihm zusammen die Welt wiederentdeckt, und schließlich – obwohl sie nur eine eine Stimme ist – zu seiner Freundin.

Doch als kommerzielles Produkt ist Sam nicht allein, ihre Grundstruktur, aus der sie sich selbst geschaffen hat, wurde tausende Male verkauft und so gibt es auch tausende andere OS, die sich mit Menschen und anderen OS anfreunden. Theodore's Welt bekommt wieder Risse…



Ich bin mit gewissen Erwartungen in her gegangen; eine romantische Komödie, mit mehr Feingefühl als Jungfrau (40), männlich, sucht…, aber meine Erwartungen wurden doch überraschend übertroffen. Es ist eher ein Melodrama mit einer starken romantischen Note, finde ich, als eine romantische Komödie. Theodore ist seit dem Scheitern seiner Ehe wirklich am Boden zerstört, seine Ehefrau, die er schon seit seiner Schulzeit kannte, scheint zwar Verständnis zu haben, aber auch Schuld. Man kann Theodores Bedürfnis nach emotionaler Nähe nachvollziehen.

Unterstützt wird diese emotionale Handlung durch die unfassbar gute Synchronisation, allen voran Luise Helm. Ich kann gar nicht genug hervorheben, wie gut sie die emotionalen Nuancen von Sam allein mittels ihrer Stimme überträgt. Ich habe meine Zweifel, ob das die Scarlett Johannsson  im Original besser hingekriegt hat.
Natürlich muss ich erwähnen, dass Deutschland eine ohnehin hervorragende Synchronisationsindustrie hat und üblicherweise der Tiefgang und die Handfertigkeit von Synchronsprechern durch die anderen Geräusche der Handlung übertönt werden. Es besteht also die Möglichkeit, dass die Synchro von her nur so gut wirkt, weil die Deuteragonistin nur als Stimme vorkommt und somit der Wahrnehmungsfokus ein anderer ist.

Jonze scheut sich auch nicht davor, die Probleme einer Beziehung mit einer (nominell) nicht lebenden, nicht menschlichen Person anzupacken – wie würde die Gesellschaft damit umgehen? Es gibt heute schon Menschen, die Tiere oder Gegenstände ehelichen, sei es nun aus Fetisch oder in nicht-sexuellen Liebesformen. Doch wie werden die "normalen" Leute damit umgehen, wenn der Partner ihres besten Freundes kein Gesicht hat, oder keinen Körper? Man könnte relativ problemlos Parallelen zu Sklavenehen ziehen, aber Jonze tut das nicht. 

Interessanterweise ist nach Transcendence her wieder ein Film, der die Singularität anschneidet. Nicht so offensichtlich wie Pfisters Film, aber das Konzept einer sich stetig verbessernden Intelligenz wird behandelt, und auch die Probleme einer solchen mit der Menschheit umzugehen.



Besser als erwartet.

Titel: her (dt.: Sie/Ihr (Einzahl))

Regie: Spike Jonze

Länge: 126 Minuten

Mittwoch, 28. Mai 2014

Raven Wolf

Anthros: Naturnah oder Domestiziert?

Vorgeschichte: Die Erde wurde heruntergewirtschaftet, es gab einen Klimawandel mit einer globalen Eiszeit. Anschließend waren das Land und die Umwelt in einem Maße verändert, dass die Tiergeister den Menschen anboten, sie an das Land anzupassen, wenn sie im Gegenzug die Natur respektieren.

Viele Menschen stimmten zu und wurden zu Mischwesen aus Tier und Mensch…

Einige Jahrhunderte später haben sich Kultur und Zivilisation wieder erhoben, und es wird unterschieden zwischen Domestizierten und Wilden; letztere scheuen Zivilisation und leben in Verbundenheit mit der Natur, mit Wurzeln näher ihres tierischen Ursprungs.

Allerdings gibt es eine Prophezeiung, dass weißäugige die Zukunft das Ende der Welt voraussehen können. Eine Legende, der zumindest genug Glauben geschenkt wird, dass das Militär Yula, seines Zeichens Wilder mit weißen Augen, seit Jahrzehnten ohne Kontakt zur Außenwelt gehalten wird, damit seine latenten Träume nicht unnötig beeinflusst werden können.

Teddy ist eine der Wachen von Yula und hat sich mit ihm angefreundet, während Eve eine neue zugeteilte Forscherin ist. Der tägliche Trott, Yula nach seinen Träumen zu befragen, ist eintönig, aber gut bezahlt, bis er eines morgens eine andere Antwort gibt.

Das Militär gerät in Aufruhr, denn die geträumte Szene spielte sich tatsächlich ab, und es wird befürchtet, dass das Ende der Welt droht…



Mit über 170 Seiten hat man gerne den Eindruck, dass Raven Wolf schon recht fortgeschritten sei, aber meiner Erfahrung nach, ist er gerade erstmal zu einem Drittel durch, oder am Ende des ersten Aktes.

Der Zeichenstil ist westlich-anthropomorph mit Mangaeinflüssen und durchgehend farbig, während die Handlung erst noch so richtig fesseln muss. Bisher scheint es mir bloß 08/15-Anthro-Animismus zu sein.

Die Charaktere sind nicht sonderlich fesselnd, und die angedeutete Hintergründe mit den Menschen, die sich gegen eine Zoomorphisierung entschieden, sind noch zu weit im Hintergrund um zu locken.



Im großen und ganzen Durchschnitt.

Titel: Raven Wolf

Autor: K. L. Seunnapha

Länge: 170+ Seiten, farbig

Status: laufend, ca. wöchentlich

Sprache: Englisch

Samstag, 24. Mai 2014

Ringworld

Kurz vor der Grenze des Vorstellbaren



Im 26. Jahrhundert sind nach mehreren Kriegen und technologischen Fortschritten die Menschen und Kzinti seit ein paar Jahrhunderten wenn nicht Blutsbrüder, dann doch zumindest sich freundlich gegenüber. Für die katzenartige Rasse ist das eine ungemeine Entwicklung, waren sie früher noch um Größenordnungen kriegerischer und nur ein glücklicher Zufall bewahrte die Menschheit vor ihrer Versklavung.

Louis Wu ist ein 200jähriger Lebemann, der nach einem ausgedehnten Urlaub nach etwas neuem sucht. Teela Brown ist eine 20jährige, die in einem behüteten Maß aufgewachsen ist, dass es schon an Lächerlichkeit grenzt, denn das Glück ist auf ihrer Seite. Aufgrund von Überbevölkerung auf der Erde wird ein Teil des Fortbestands per Lotterie ausgelost und Teela ist das Produkt von sechs Generationen solcher glücklichen Fügungen.

Die ist auch der Grund, dass Nellus von den Puppenspielern, einer sehr feigen und übervorsichtigen Rasse, sie ausgewählt hat, ihn und Louis bei einer Expedition zu begleiten: als Glücksbringer. Der vierte im Bunde ist Sprecher-zu-den-Tieren, seines Zeichens ein Botschafter der Kzinti auf der Erde. Die Belohnung für Louis und Sprecher ist eine neue Form des Überlichtantriebs, der tagelange Reisen in den Bereich von Minuten rückt.

Das Ziel: die von den Puppenspielern frisch entdeckte Ringwelt. Ein Ring, 150 Millionen Kilometer im Durchmesser, 1,6 Millionen Kilometer breit, in dessen Mitte eine Sonne ist. Die Oberfläche des Innenseite entspricht etwa dem dreimillionenfachen der Erdoberfläche. Um das in ein Verhältnis zu setzen, jeder Ringabschnitt von etwas über 300 km Breite hat die gesamte Oberfläche der Erde auf sich vereint.

Nellos und seine Spezies haben natürlich eine Heidenangst vor einer Zivilisation, die solch ein Artefakt errichten konnte, und wollen daher mehr über diese in Erfahrung bringen, ergo besagte Expedition.

Doch die Ringwelt ist ohne Zivilisation…



Der Ringwelt-Zyklus umfasst mittlerweile 5 Bände, geschrieben über mehrere Jahrzehnte hinweg, so dass Niven abseits von der Ringwelt noch andere Universen gefüllt hat, die er später teilweise verschmolz. Known Space ist eines dieser Universen, und die Kzinti-Mensch-Kriege sind ein nennenswerter Teil davon.

Anscheinend geht Niven in späteren Bänden auf die Problematik ein, die ein chronischer Glückspilz wie Teela Brown haben kann, die sich einem nur bedingt sofort erschließen. Vielleicht werde ich mir die späteren Bände zulegen und lesen, aber nicht demnächst.

Davon abgesehen schreibt Niven interessant in der Tradition der Weltraumopern und verbringt regelmäßig ein paar Absätze des Erzählers Louis Wu damit, die kaum zu fassende Größe der Ringwelt zu vergegenwärtigen. Große Teile der Handlung beschäftigen sich mit der Erforschung der Ringwelt und der Logik und Begründung ihrer Existenz sowie den Problemen, die sich aus der Konstruktion ergeben. In diesem Aspekt, sowie der teilweisen Unerklärbarkeit, lässt sich der Roman mit Rendezvous mit Rama vergleichen, bei dem es ebenfalls um die Erforschung eines Artefaktes kolossalen Ausmaßes geht.

Zudem mögen sich Xbox-Spieler an die Halo-Reihe erinnert fühlen, in denen ein funktional ähnliches Artefakt, das namensgebende Halo, eine wichtige Rolle spielt.

Ich habe das englische Hörbuch gehört, daher die Sprecherangabe, aber gehe davon aus, dass ich mir Hörbücher (jenseits von Podcast) nicht angewöhnen werde.



Gute, klassische Science-Fiction.

Titel: Ringworld (dt. Ringwelt)

Autor: Larry Niven

Länge: 480 Seiten, 11+ Stunden

Sprecher: Tom Parker

Montag, 19. Mai 2014

The Mote in God's Eye

Der Aufstieg und Fall von Zivilisation als Bevölkerungskontrolle



Jahrhunderte nachdem ein Raumsprungantrieb entwickelt wurde, ist die Menschheit regelmäßig in dem Aufbau und Zerstörung von menschlichen Reichen beschäftigt und es wurde bisher kein intelligentes Leben entdeckt. Graduell steigt die Spitze der Technologie, aber der stete Zwist mit anderen menschlichen Reichen lässt diese regelmäßig in Vergessenheit geraten.

Momentan sind große Teile der Menschheit in einem quasifeudalistischen Imperium vereint, dass seinem Vorgänger nachstrebt, aber noch nicht gleich kommt. Die Antriebe erlauben Beschleunigung mit mehrfacher Erdbeschleunigung, ein Sonnensystem ist relativ klein, was die Reisezeit angeht, und die anderen Sterne sind nur einen Raumsprung entfernt. Da entpuppt es sich doch als äußerst überraschend, als in einem besiedelten System ein Raumschiff auftaucht, das mit Sonnensegeln angetrieben wird – und dessen Endstation ein Stern ist.

Schnell wird das von dem Segel gezogene Raumschiff geborgen, aber große Teile der Mannschaft verlassen zuvor das Schiff und lassen den Piloten zurück, der die Bergung nicht überlebt. Und er ist offensichtlich kein Mensch, sondern ein Außerirdischer, mit Fell und einem seltsam asymmetrischen Körperbau.

Mit einer gleichermaßen fremdartigen Technologie ist schnell klar, dass Kontakt zu diesen Aliens hergestellt werden muss; ein Kreuzer voller Wissenschaftler und ihrer Geräte sowie ein Schlachtschiff werden zu dem Ursprungssystem der fremden Raumschiffes geschickt.

Dort angekommen stoßen sie auf eine seltsame, hochentwickelte Kultur…



Ich habe Mote als Hörbuch gehört, aber das war trotzdem schon recht nett. Insbesondere der typische schottische Dialekt der Ingenieure, der sogar eine Erklärung erfährt, ist spaßig zu hören.

Davon abgesehen ist Mote eine gute Betrachtung eines ersten Kontaktes mit einer sehr fremdartigen Kultur; viele der uns naheliegenden Designprinzipien treffen auf die sogenannten Moties nicht zu, allein schon aufgrund der Zeitspanne, während derer sie Zivilisation und Technologie sich zu eigen gemacht hatten. Da sie nicht an das interstellare Straßensystem des Raumsprungs angebunden sind (ihre "Straße" fährt aus ihrer Sicht gegen eine Wand, ist aber eher eine Hürde), haben sich die Moties nie jenseits ihres Systems ausbreiten können. Gerade aufgrund dieser Beschränkung gab es evolutionäre Drücke, welche eine Einnischung in verschiedene Unterarten nötig machte.

Niven und Pournelle verbringen gut ein Drittel des Buches mit der Hinleitung, bevor die Aliens überhaupt besucht werden, und in diesem Drittel wird eine nachvollziehbare und glaubwürdige Gesellschaftssituation der Menschen in einem interstellaren Lebensraum dargestellt. Eine Quasiaristokratie, ähnlich den Abh in Crest of the Stars, mit einem Hauptherrscher und Adligen in ihren System, die einen halbwegs autonomen Handlungsspielraum genießen, aber unter Beobachtung der mächtigen Raumflotte stehen.

Die Moties und ihre Geschichte sind gleichermaßen ausgearbeitet und tiefgründig und der zweite Teil dreht sich darum, genau diese Hintergründe herauszufinden, während das letzte Drittel die Konflikte aus dem zweiten verarbeitet.



Eine nette Weltraumoper.

Titel: The Mote in God's Eye (dt: Der Splitter im Auge Gottes)

Autor: Larry Niven, Jerry Pournelle

Länge: 874 Seiten, 20+ Stunden

Sprecher: L. J. Ganser

Sonntag, 18. Mai 2014

Rendezvous mit 31/439 / Rendezvous mit Rama

Ein hohler Zylinder, an dessen Wänden Strukturen und ein zylindrischer See sind. Jenseits des Sees ein weiterer "Kontinent", mit einer sechseckigen Struktur an der Nabenfläche des Zylinders.

Abenteuer ohne Feinde mit etwas Robinson.

Im 22. Jahrhundert hat die Menschheit bereits einige Schritte in der Besiedlung des Sonnensystems hinter sich; Mars, Merkur, Luna, Triton, Ganymed und Titan haben dauerhafte Kolonien und sind unter dem Banner der Vereinten Planeten vereint. Nach einem verheerenden Meteoriteneinschlag im Jahr 2077 wurde ein großangelegtes Programm gestartet, SPACEGUARD, welches nach Kandidaten für weitere Einschläge und allgemein Asteroiden und anderen periodischen und aperiodischen Himmelskörpern suchen sollte. Gut 50 Jahre später entdeckt Spaceguard ein Objekt, das zwar kein Kandidat ist, aber hochinteressant. Sie nennen es Rama.

Schnell entpuppt sich Rama als in verschiedenen Aspekten ungewöhnlich. Geschwindigkeit, Orbit und Reflektivität sind merkwürdig, und mit fortlaufender Zeit wird der Grund klar – Rama ist künstlich. Ein Zylinder von 50 km Länge und 16 km Durchmesser, der sich innerhalb von vier Minuten entlang seiner Zylinderachse dreht, mit einer viel zu geringen Dichte für einen Festkörper. 

Schnell wird ein Raumschiff umgeleitet, dass zumindest die Chance hat, sich Rama näher anzuschauen, die Endeavour. Rama ist bereits innerhalb der Venusumlaufbahn, als das Rendezvous gelingt und die Besatzung sich daran macht, Rama zu erkunden. Nach redundanten Luftschleusen sehen sie vor sich… nichts. Ein dunkler Raum, 10.000 km3 groß, ohne Licht. Ohne Leben. Doch die Erkundung geht weiter…



Arthur C. Clarke erschafft mit Rama eine interessante Art Geschichte. Es gibt keine Gegner, keine Antagonisten, wie sie heutzutage so häufig sind. Allein die Erforschung des riesigen Objektes mit seinen mehreren tausend Quadratkilometern Fläche ist das Ziel, und die Hinternisse liegen allein in der zügigen Bewerkstelligung dieser Vorgabe.

Natürlich spielen auch noch die politischen Erwägungen der verschiedenen Fraktionen bzw. Planeten da hinein, aber im wesentlichen ist der einzige Kampf im Buch der um die Erforschung von und maximaler Kenntnisgewinn aus Rama.

Latent ließ Clarke genug offen, um eine Fortsetzung zu ermöglichen, diese wurden aber nicht von ihm, sondern unter seiner Beratung von Gentry Lee geschrieben. Allerdings gibt es durchaus berechtigte Kritik an diesen. Allerdings steht Rama auch gut auf eigenen Füßen.

Sprachlich ist Rama durchaus verständlich, und die verschiedenen halbmilitärischen Abkürzungen und Begriffe werden ausreichend erklärt, um im Verlauf der Handlung in den Hintergrund zu treten.

Mich erinnert die Herangehensweise Clarke's an die Roboter-Kurzgeschichten von Isaac Asimov, welche oftmals auch keinen Gegner, sondern vielmehr ein Problem enthielten, welches es zu lösen galt.


Titel: Rendezvous mit 31/439 (Original: Rendezvous with Rama)

Autor: Arthur C. Clarke

Länge: 280 Seiten

Dienstag, 13. Mai 2014

The Invisible Woman

Charles Dickens hat eine Geliebte

Die 18jährige Nelly Ternan (Felicity Jones, aktuell auch in Spiderman 2) ist eine mehr oder weniger unbegabte Schauspielerin an einem Londoner Theater als der 45jährige Charles Dickens (Ralph Fiennes, aktuell in Grand Budapest Hotel) auf sie stößt und Gefallen an ihr findet. In folgender Zeit geht er ab und zu zu ihren Vorstellungen und die beiden verbringen Zeit miteinander.

Nelly ist begeistert von Charles Werken und Ideen, während Charles die Zeit mit Nelly und seine Diskussionen über Literatur und allerhand andere Themen genießt; eine Leidenschaft, die er sträflich bei seiner Frau vermisst.

Die beiden Freunden sich an, unter argwöhnischen Blicken von Charles Frau, Nelly's Mutter und der Öffentlichkeit, denn Charles ist allein schon mit Oliver Twist und Eine Weihnachtsgeschichte berühmt, von seinen anderen Romanen und seinem derzeitigen David Copperfield ganz zu schweigen. Da ist eine Freundschaft (und mehr) mit der jugendlichen Nelly im viktorianischen England alles andere als hinzunehmen…



Historisch betrachtet war Ellen "Nelly" Ternan zwölf Jahre lang die Mätresse von Charles Dickens von 1958 bis zu seinem Tod, eine Beziehung welche er der Öffentlichkeit erst nach der zu der damaligen Zeit unerhörten Scheidung von seiner Frau eingestand.

Handwerklich betrachtet ist The Invisible Woman ziemlich gut gelungen und stellt die Probleme und Bedenken einer außerehelichen Frau aus der Sicht eben selber ziemlich gut dar – die Konflikte, die sich aus dem Stand und der Öffentlichkeit ergeben, der Druck, all diese Nuancen sind sowohl im Vordergrund als auch oft genug im Hintergrund gezeigt.



Obgleich ich üblicherweise solche Filme nicht schaue, kann ich sie – und diesen – wertschätzen.

Titel: The Invisible Woman

Regie: Ralph Fiennes

Länge: 111 Minuten