Freitag, 30. Mai 2014

her

Mehr als "Mann verliebt sich in Siri"



Die nahe Zukunft: Theodore (Joaquín Phoenix, Johnny Cash in Walk the Line) arbeitet seit einigen Jahren bei einer Internetfirma, die wunderschöne, handgeschriebene Briefe verschickt. Er verfasst diese, oft seit Jahren für die gleichen Klienten, und lebt auf diese Weise eine romantische Ader aus.

Privat lebt er seit einem Jahr von seiner Frau getrennt, es müssen nur noch die Scheidungspapiere unterschrieben werden, aber davor muss Theodore erstmal über die Trennung an sich hinwegkommen. Dabei hilft ihm sein neues Betriebssystem, kurz OS, das er sich aus einer Laune heraus gekauft hat. Der Clou an diesem OS ist, es enthält eine lernfähige, künstliche Intelligenz.

Sehr schnell wird das OS, welches sich selbst spontan den Namen Samantha (Luise Helm als Scarlett Johannssons Stimme) gegeben hat, mehr als eine weitere Möglichkeit, seinen Computer zu bedienen. Vielmehr entwickelt sich Sam zu einem Gesprächspartner, der Theodore aus seiner Melancholie befreit, die mit ihm zusammen die Welt wiederentdeckt, und schließlich – obwohl sie nur eine eine Stimme ist – zu seiner Freundin.

Doch als kommerzielles Produkt ist Sam nicht allein, ihre Grundstruktur, aus der sie sich selbst geschaffen hat, wurde tausende Male verkauft und so gibt es auch tausende andere OS, die sich mit Menschen und anderen OS anfreunden. Theodore's Welt bekommt wieder Risse…



Ich bin mit gewissen Erwartungen in her gegangen; eine romantische Komödie, mit mehr Feingefühl als Jungfrau (40), männlich, sucht…, aber meine Erwartungen wurden doch überraschend übertroffen. Es ist eher ein Melodrama mit einer starken romantischen Note, finde ich, als eine romantische Komödie. Theodore ist seit dem Scheitern seiner Ehe wirklich am Boden zerstört, seine Ehefrau, die er schon seit seiner Schulzeit kannte, scheint zwar Verständnis zu haben, aber auch Schuld. Man kann Theodores Bedürfnis nach emotionaler Nähe nachvollziehen.

Unterstützt wird diese emotionale Handlung durch die unfassbar gute Synchronisation, allen voran Luise Helm. Ich kann gar nicht genug hervorheben, wie gut sie die emotionalen Nuancen von Sam allein mittels ihrer Stimme überträgt. Ich habe meine Zweifel, ob das die Scarlett Johannsson  im Original besser hingekriegt hat.
Natürlich muss ich erwähnen, dass Deutschland eine ohnehin hervorragende Synchronisationsindustrie hat und üblicherweise der Tiefgang und die Handfertigkeit von Synchronsprechern durch die anderen Geräusche der Handlung übertönt werden. Es besteht also die Möglichkeit, dass die Synchro von her nur so gut wirkt, weil die Deuteragonistin nur als Stimme vorkommt und somit der Wahrnehmungsfokus ein anderer ist.

Jonze scheut sich auch nicht davor, die Probleme einer Beziehung mit einer (nominell) nicht lebenden, nicht menschlichen Person anzupacken – wie würde die Gesellschaft damit umgehen? Es gibt heute schon Menschen, die Tiere oder Gegenstände ehelichen, sei es nun aus Fetisch oder in nicht-sexuellen Liebesformen. Doch wie werden die "normalen" Leute damit umgehen, wenn der Partner ihres besten Freundes kein Gesicht hat, oder keinen Körper? Man könnte relativ problemlos Parallelen zu Sklavenehen ziehen, aber Jonze tut das nicht. 

Interessanterweise ist nach Transcendence her wieder ein Film, der die Singularität anschneidet. Nicht so offensichtlich wie Pfisters Film, aber das Konzept einer sich stetig verbessernden Intelligenz wird behandelt, und auch die Probleme einer solchen mit der Menschheit umzugehen.



Besser als erwartet.

Titel: her (dt.: Sie/Ihr (Einzahl))

Regie: Spike Jonze

Länge: 126 Minuten

Mittwoch, 28. Mai 2014

Raven Wolf

Anthros: Naturnah oder Domestiziert?

Vorgeschichte: Die Erde wurde heruntergewirtschaftet, es gab einen Klimawandel mit einer globalen Eiszeit. Anschließend waren das Land und die Umwelt in einem Maße verändert, dass die Tiergeister den Menschen anboten, sie an das Land anzupassen, wenn sie im Gegenzug die Natur respektieren.

Viele Menschen stimmten zu und wurden zu Mischwesen aus Tier und Mensch…

Einige Jahrhunderte später haben sich Kultur und Zivilisation wieder erhoben, und es wird unterschieden zwischen Domestizierten und Wilden; letztere scheuen Zivilisation und leben in Verbundenheit mit der Natur, mit Wurzeln näher ihres tierischen Ursprungs.

Allerdings gibt es eine Prophezeiung, dass weißäugige die Zukunft das Ende der Welt voraussehen können. Eine Legende, der zumindest genug Glauben geschenkt wird, dass das Militär Yula, seines Zeichens Wilder mit weißen Augen, seit Jahrzehnten ohne Kontakt zur Außenwelt gehalten wird, damit seine latenten Träume nicht unnötig beeinflusst werden können.

Teddy ist eine der Wachen von Yula und hat sich mit ihm angefreundet, während Eve eine neue zugeteilte Forscherin ist. Der tägliche Trott, Yula nach seinen Träumen zu befragen, ist eintönig, aber gut bezahlt, bis er eines morgens eine andere Antwort gibt.

Das Militär gerät in Aufruhr, denn die geträumte Szene spielte sich tatsächlich ab, und es wird befürchtet, dass das Ende der Welt droht…



Mit über 170 Seiten hat man gerne den Eindruck, dass Raven Wolf schon recht fortgeschritten sei, aber meiner Erfahrung nach, ist er gerade erstmal zu einem Drittel durch, oder am Ende des ersten Aktes.

Der Zeichenstil ist westlich-anthropomorph mit Mangaeinflüssen und durchgehend farbig, während die Handlung erst noch so richtig fesseln muss. Bisher scheint es mir bloß 08/15-Anthro-Animismus zu sein.

Die Charaktere sind nicht sonderlich fesselnd, und die angedeutete Hintergründe mit den Menschen, die sich gegen eine Zoomorphisierung entschieden, sind noch zu weit im Hintergrund um zu locken.



Im großen und ganzen Durchschnitt.

Titel: Raven Wolf

Autor: K. L. Seunnapha

Länge: 170+ Seiten, farbig

Status: laufend, ca. wöchentlich

Sprache: Englisch

Samstag, 24. Mai 2014

Ringworld

Kurz vor der Grenze des Vorstellbaren



Im 26. Jahrhundert sind nach mehreren Kriegen und technologischen Fortschritten die Menschen und Kzinti seit ein paar Jahrhunderten wenn nicht Blutsbrüder, dann doch zumindest sich freundlich gegenüber. Für die katzenartige Rasse ist das eine ungemeine Entwicklung, waren sie früher noch um Größenordnungen kriegerischer und nur ein glücklicher Zufall bewahrte die Menschheit vor ihrer Versklavung.

Louis Wu ist ein 200jähriger Lebemann, der nach einem ausgedehnten Urlaub nach etwas neuem sucht. Teela Brown ist eine 20jährige, die in einem behüteten Maß aufgewachsen ist, dass es schon an Lächerlichkeit grenzt, denn das Glück ist auf ihrer Seite. Aufgrund von Überbevölkerung auf der Erde wird ein Teil des Fortbestands per Lotterie ausgelost und Teela ist das Produkt von sechs Generationen solcher glücklichen Fügungen.

Die ist auch der Grund, dass Nellus von den Puppenspielern, einer sehr feigen und übervorsichtigen Rasse, sie ausgewählt hat, ihn und Louis bei einer Expedition zu begleiten: als Glücksbringer. Der vierte im Bunde ist Sprecher-zu-den-Tieren, seines Zeichens ein Botschafter der Kzinti auf der Erde. Die Belohnung für Louis und Sprecher ist eine neue Form des Überlichtantriebs, der tagelange Reisen in den Bereich von Minuten rückt.

Das Ziel: die von den Puppenspielern frisch entdeckte Ringwelt. Ein Ring, 150 Millionen Kilometer im Durchmesser, 1,6 Millionen Kilometer breit, in dessen Mitte eine Sonne ist. Die Oberfläche des Innenseite entspricht etwa dem dreimillionenfachen der Erdoberfläche. Um das in ein Verhältnis zu setzen, jeder Ringabschnitt von etwas über 300 km Breite hat die gesamte Oberfläche der Erde auf sich vereint.

Nellos und seine Spezies haben natürlich eine Heidenangst vor einer Zivilisation, die solch ein Artefakt errichten konnte, und wollen daher mehr über diese in Erfahrung bringen, ergo besagte Expedition.

Doch die Ringwelt ist ohne Zivilisation…



Der Ringwelt-Zyklus umfasst mittlerweile 5 Bände, geschrieben über mehrere Jahrzehnte hinweg, so dass Niven abseits von der Ringwelt noch andere Universen gefüllt hat, die er später teilweise verschmolz. Known Space ist eines dieser Universen, und die Kzinti-Mensch-Kriege sind ein nennenswerter Teil davon.

Anscheinend geht Niven in späteren Bänden auf die Problematik ein, die ein chronischer Glückspilz wie Teela Brown haben kann, die sich einem nur bedingt sofort erschließen. Vielleicht werde ich mir die späteren Bände zulegen und lesen, aber nicht demnächst.

Davon abgesehen schreibt Niven interessant in der Tradition der Weltraumopern und verbringt regelmäßig ein paar Absätze des Erzählers Louis Wu damit, die kaum zu fassende Größe der Ringwelt zu vergegenwärtigen. Große Teile der Handlung beschäftigen sich mit der Erforschung der Ringwelt und der Logik und Begründung ihrer Existenz sowie den Problemen, die sich aus der Konstruktion ergeben. In diesem Aspekt, sowie der teilweisen Unerklärbarkeit, lässt sich der Roman mit Rendezvous mit Rama vergleichen, bei dem es ebenfalls um die Erforschung eines Artefaktes kolossalen Ausmaßes geht.

Zudem mögen sich Xbox-Spieler an die Halo-Reihe erinnert fühlen, in denen ein funktional ähnliches Artefakt, das namensgebende Halo, eine wichtige Rolle spielt.

Ich habe das englische Hörbuch gehört, daher die Sprecherangabe, aber gehe davon aus, dass ich mir Hörbücher (jenseits von Podcast) nicht angewöhnen werde.



Gute, klassische Science-Fiction.

Titel: Ringworld (dt. Ringwelt)

Autor: Larry Niven

Länge: 480 Seiten, 11+ Stunden

Sprecher: Tom Parker

Montag, 19. Mai 2014

The Mote in God's Eye

Der Aufstieg und Fall von Zivilisation als Bevölkerungskontrolle



Jahrhunderte nachdem ein Raumsprungantrieb entwickelt wurde, ist die Menschheit regelmäßig in dem Aufbau und Zerstörung von menschlichen Reichen beschäftigt und es wurde bisher kein intelligentes Leben entdeckt. Graduell steigt die Spitze der Technologie, aber der stete Zwist mit anderen menschlichen Reichen lässt diese regelmäßig in Vergessenheit geraten.

Momentan sind große Teile der Menschheit in einem quasifeudalistischen Imperium vereint, dass seinem Vorgänger nachstrebt, aber noch nicht gleich kommt. Die Antriebe erlauben Beschleunigung mit mehrfacher Erdbeschleunigung, ein Sonnensystem ist relativ klein, was die Reisezeit angeht, und die anderen Sterne sind nur einen Raumsprung entfernt. Da entpuppt es sich doch als äußerst überraschend, als in einem besiedelten System ein Raumschiff auftaucht, das mit Sonnensegeln angetrieben wird – und dessen Endstation ein Stern ist.

Schnell wird das von dem Segel gezogene Raumschiff geborgen, aber große Teile der Mannschaft verlassen zuvor das Schiff und lassen den Piloten zurück, der die Bergung nicht überlebt. Und er ist offensichtlich kein Mensch, sondern ein Außerirdischer, mit Fell und einem seltsam asymmetrischen Körperbau.

Mit einer gleichermaßen fremdartigen Technologie ist schnell klar, dass Kontakt zu diesen Aliens hergestellt werden muss; ein Kreuzer voller Wissenschaftler und ihrer Geräte sowie ein Schlachtschiff werden zu dem Ursprungssystem der fremden Raumschiffes geschickt.

Dort angekommen stoßen sie auf eine seltsame, hochentwickelte Kultur…



Ich habe Mote als Hörbuch gehört, aber das war trotzdem schon recht nett. Insbesondere der typische schottische Dialekt der Ingenieure, der sogar eine Erklärung erfährt, ist spaßig zu hören.

Davon abgesehen ist Mote eine gute Betrachtung eines ersten Kontaktes mit einer sehr fremdartigen Kultur; viele der uns naheliegenden Designprinzipien treffen auf die sogenannten Moties nicht zu, allein schon aufgrund der Zeitspanne, während derer sie Zivilisation und Technologie sich zu eigen gemacht hatten. Da sie nicht an das interstellare Straßensystem des Raumsprungs angebunden sind (ihre "Straße" fährt aus ihrer Sicht gegen eine Wand, ist aber eher eine Hürde), haben sich die Moties nie jenseits ihres Systems ausbreiten können. Gerade aufgrund dieser Beschränkung gab es evolutionäre Drücke, welche eine Einnischung in verschiedene Unterarten nötig machte.

Niven und Pournelle verbringen gut ein Drittel des Buches mit der Hinleitung, bevor die Aliens überhaupt besucht werden, und in diesem Drittel wird eine nachvollziehbare und glaubwürdige Gesellschaftssituation der Menschen in einem interstellaren Lebensraum dargestellt. Eine Quasiaristokratie, ähnlich den Abh in Crest of the Stars, mit einem Hauptherrscher und Adligen in ihren System, die einen halbwegs autonomen Handlungsspielraum genießen, aber unter Beobachtung der mächtigen Raumflotte stehen.

Die Moties und ihre Geschichte sind gleichermaßen ausgearbeitet und tiefgründig und der zweite Teil dreht sich darum, genau diese Hintergründe herauszufinden, während das letzte Drittel die Konflikte aus dem zweiten verarbeitet.



Eine nette Weltraumoper.

Titel: The Mote in God's Eye (dt: Der Splitter im Auge Gottes)

Autor: Larry Niven, Jerry Pournelle

Länge: 874 Seiten, 20+ Stunden

Sprecher: L. J. Ganser

Sonntag, 18. Mai 2014

Rendezvous mit 31/439 / Rendezvous mit Rama

Ein hohler Zylinder, an dessen Wänden Strukturen und ein zylindrischer See sind. Jenseits des Sees ein weiterer "Kontinent", mit einer sechseckigen Struktur an der Nabenfläche des Zylinders.

Abenteuer ohne Feinde mit etwas Robinson.

Im 22. Jahrhundert hat die Menschheit bereits einige Schritte in der Besiedlung des Sonnensystems hinter sich; Mars, Merkur, Luna, Triton, Ganymed und Titan haben dauerhafte Kolonien und sind unter dem Banner der Vereinten Planeten vereint. Nach einem verheerenden Meteoriteneinschlag im Jahr 2077 wurde ein großangelegtes Programm gestartet, SPACEGUARD, welches nach Kandidaten für weitere Einschläge und allgemein Asteroiden und anderen periodischen und aperiodischen Himmelskörpern suchen sollte. Gut 50 Jahre später entdeckt Spaceguard ein Objekt, das zwar kein Kandidat ist, aber hochinteressant. Sie nennen es Rama.

Schnell entpuppt sich Rama als in verschiedenen Aspekten ungewöhnlich. Geschwindigkeit, Orbit und Reflektivität sind merkwürdig, und mit fortlaufender Zeit wird der Grund klar – Rama ist künstlich. Ein Zylinder von 50 km Länge und 16 km Durchmesser, der sich innerhalb von vier Minuten entlang seiner Zylinderachse dreht, mit einer viel zu geringen Dichte für einen Festkörper. 

Schnell wird ein Raumschiff umgeleitet, dass zumindest die Chance hat, sich Rama näher anzuschauen, die Endeavour. Rama ist bereits innerhalb der Venusumlaufbahn, als das Rendezvous gelingt und die Besatzung sich daran macht, Rama zu erkunden. Nach redundanten Luftschleusen sehen sie vor sich… nichts. Ein dunkler Raum, 10.000 km3 groß, ohne Licht. Ohne Leben. Doch die Erkundung geht weiter…



Arthur C. Clarke erschafft mit Rama eine interessante Art Geschichte. Es gibt keine Gegner, keine Antagonisten, wie sie heutzutage so häufig sind. Allein die Erforschung des riesigen Objektes mit seinen mehreren tausend Quadratkilometern Fläche ist das Ziel, und die Hinternisse liegen allein in der zügigen Bewerkstelligung dieser Vorgabe.

Natürlich spielen auch noch die politischen Erwägungen der verschiedenen Fraktionen bzw. Planeten da hinein, aber im wesentlichen ist der einzige Kampf im Buch der um die Erforschung von und maximaler Kenntnisgewinn aus Rama.

Latent ließ Clarke genug offen, um eine Fortsetzung zu ermöglichen, diese wurden aber nicht von ihm, sondern unter seiner Beratung von Gentry Lee geschrieben. Allerdings gibt es durchaus berechtigte Kritik an diesen. Allerdings steht Rama auch gut auf eigenen Füßen.

Sprachlich ist Rama durchaus verständlich, und die verschiedenen halbmilitärischen Abkürzungen und Begriffe werden ausreichend erklärt, um im Verlauf der Handlung in den Hintergrund zu treten.

Mich erinnert die Herangehensweise Clarke's an die Roboter-Kurzgeschichten von Isaac Asimov, welche oftmals auch keinen Gegner, sondern vielmehr ein Problem enthielten, welches es zu lösen galt.


Titel: Rendezvous mit 31/439 (Original: Rendezvous with Rama)

Autor: Arthur C. Clarke

Länge: 280 Seiten

Dienstag, 13. Mai 2014

The Invisible Woman

Charles Dickens hat eine Geliebte

Die 18jährige Nelly Ternan (Felicity Jones, aktuell auch in Spiderman 2) ist eine mehr oder weniger unbegabte Schauspielerin an einem Londoner Theater als der 45jährige Charles Dickens (Ralph Fiennes, aktuell in Grand Budapest Hotel) auf sie stößt und Gefallen an ihr findet. In folgender Zeit geht er ab und zu zu ihren Vorstellungen und die beiden verbringen Zeit miteinander.

Nelly ist begeistert von Charles Werken und Ideen, während Charles die Zeit mit Nelly und seine Diskussionen über Literatur und allerhand andere Themen genießt; eine Leidenschaft, die er sträflich bei seiner Frau vermisst.

Die beiden Freunden sich an, unter argwöhnischen Blicken von Charles Frau, Nelly's Mutter und der Öffentlichkeit, denn Charles ist allein schon mit Oliver Twist und Eine Weihnachtsgeschichte berühmt, von seinen anderen Romanen und seinem derzeitigen David Copperfield ganz zu schweigen. Da ist eine Freundschaft (und mehr) mit der jugendlichen Nelly im viktorianischen England alles andere als hinzunehmen…



Historisch betrachtet war Ellen "Nelly" Ternan zwölf Jahre lang die Mätresse von Charles Dickens von 1958 bis zu seinem Tod, eine Beziehung welche er der Öffentlichkeit erst nach der zu der damaligen Zeit unerhörten Scheidung von seiner Frau eingestand.

Handwerklich betrachtet ist The Invisible Woman ziemlich gut gelungen und stellt die Probleme und Bedenken einer außerehelichen Frau aus der Sicht eben selber ziemlich gut dar – die Konflikte, die sich aus dem Stand und der Öffentlichkeit ergeben, der Druck, all diese Nuancen sind sowohl im Vordergrund als auch oft genug im Hintergrund gezeigt.



Obgleich ich üblicherweise solche Filme nicht schaue, kann ich sie – und diesen – wertschätzen.

Titel: The Invisible Woman

Regie: Ralph Fiennes

Länge: 111 Minuten

Dienstag, 6. Mai 2014

The Servant Lord

Weil es den Göttern nicht ganz egal ist

Vorab: Es geht um den zweiten Band aus der Chaos-Gott-Reihe von Aneeka Richins, wovon der erste, The Wanted Child, letztes Jahr rauskam, The Servant Lord dieses Jahr und der nächste Band für das nächste Jahr geplant ist. Wenn du den Ersten also noch nicht gelesen hast: Spoiler.



Ki's Absorption eines weiteren Dämonen hat sie ihre Menschlichkeit gekostet und ihre Seele zerschmettert, aber nicht nicht ihren Willen. Sie hofft nach wie vor, vertraut nach wie vor auf Tavk und ihren Pakt mit dem Chaosgott. Sie wird ihr Happy End bekommen. Sie wird mit ihrer Familie vereint werden. Alles muss, nein, alles wird gut werden!

Aber erst muss sie noch die drei Monate für De's Training nutzen, bis der Held die von den Schwesterngöttinnen Gesegnete Maggie heiraten wird. Wieder und wieder jagt sie ihn durch Übungsszenarien, die ihn mit den Gestürzten Landen vertraut macht, auch wenn sein Training gegen Dämonen noch verbessert werden kann.

Zugleich kann Ki aber De nach wie vor nicht berühren aufgrund des Dämons in ihr. Eingesperrt in einem metaphorischen Gefängnis in ihrem Verstand rüttelt die gestaltgewordene Gier im Verließ und will frei sein. Als es aus Versehen doch zu einer Berührung kommt, fließt De's Energie nicht dem Dämon zu, sondern ruht in Hilfsbereitschaft in Ki's Geist – ein verwirrender und ungewöhnlicher Umstand.

Derweil scheint das Steigende Genie Meoif in seiner Rebellion mit den Göttern Erfolg zu haben. Während sie ihn nicht aus den Steigenden Landen gehen lassen wollen, will er zu seiner verbannten, gottgehassten Tochter und Frau in den Gestürzten Landen. In seinem Zorn und seiner Sturheit hat er Mittel ersonnen, mit denen die Tore zwischen den Landen in Mitleidenschaft genommen werden.

Aufgrund all dieser Faktoren wird die Hochzeit von De mit Maggie vorverlegt, um De etwas von der Macht der Gesegneten Maggie abzugeben. Aber etwas geht schief und Ki bleibt nichts anderes übrig als Hals über Kopf in die Gestürzten Lande zu fliehen…



Im zweiten Band springt die Perspektive zwischen Ki und De hin und her, und oft genug auf eine wundervoll frustrierende und befriedigende Weise. Mehrmals habe ich in mich geflucht, als ein Kapitel spannend endete und erwartete, dass die Erzählung zur jeweils anderen wechseln würde, bloß um dann angenehm überrascht zu werden. 

Wir erfahren mehr von De's Vernarrtheit in seine Rolle als Held, während Maggie als tragische Figur ob ihrer Rolle und Unwissenheit Mitleid seitens des Lesers erfährt. Das macht zwar nicht ihren nervigen Charakter wett, aber es relativiert doch recht stark. 

Persönlich ist es äußerst interessant, dass man De und Ki in einer Art romantischer Beziehung sehen kann, die sie sich aber beide nicht eingestehen, weder gegenüber sich selbst oder irgendwelchen anderen. Zugleich kann man es aber auch als eine der seltenen Freundschaften beschreiben, bei denen man füreinander recht wortwörtlich durch Pech und Schwefel geht, weil man die andere Person einfach so sehr wert schätzt, dass man sie nicht verlieren will, ohne Romantik oder zumindest Sexualität als nennenswert zu betrachten. 

Ich habe ein allgemeines Gefühl, dass Richins mit diesem Buch noch etwas gewachsen ist, die Dialoge wirken zum Beispiel besser geschliffen. 



Ich freue mich schon auf den dritten Band. Leider noch ein Jahr :/

Titel: The Servant Lord (übersetzt: Der Herr der Diener)

Autorin: Aneeka Richins

Länge: 280 Seiten

Sprache: Englisch, Mittel

Freitag, 2. Mai 2014

The Wanted Child

Weil es den Göttern egal ist

Die Welt ist viergeteilt, und es gibt ihrer drei Pantheons mit je drei Göttern. Die Gestürzten Lande, brachliegend in steter Dämmerung, von Dämonen und Gestürztem Chaos, Tavk, beherrscht; Wohnstatt aller verbannten, sowie der beiden anderen Gestürzten Götter. Die Gemeinsamen Lande, bewohnt von gottlosen Menschen, aber mit Tempeln für einige der neun Götter. Die Schwesterlande, zwanghaft kontrolliert von der Hohen und Tiefen Schwester, mit der machtlosen Schwester Chaos. Die Steigenden Lande, mit den stetig konkurrierenden Hohen Steigenden Gott und Tiefen Steigenden Gott, ein technologisches Paradies.

Ki ist eine Dienerin Gestürzten Chaos', und ihr schelmischer Gott hat ihr gerade einen neuen Auftrag erteilt: Sie soll sich in den gemeinsamen Landen melden und dort ein Kind unterweisen, oder babysitten, weder die Stellenanzeige noch Tavk sind in diesem Aspekt sehr aussagekräftig. Also reist Ki widerwillig durch die Länder-verbindenden Tore in die Gemeinsamen Lande um die Stelle anzunehmen. Weder ist sie dabei mit der Aufgabe – Babysitten! – noch Tavk allzu glücklich. Sie hat mit dem Chaosgott vor vier Jahren einen Pakt geschlossen, so ziemlich die einzige Regel, an die er sich hält, während alle anderen Götter diverse Götterregeln haben, an die sie sich halten und deren Bruch ihren Anhängern den Status Gott-gehasst einbringt (vergleichbar mit dem mittelalterlichen vogelfrei: jeder kann diese Person ohne Strafe töten).

In den Gemeinsamen Landen angekommen stellt sich heraus, dass das „Kind“ der 18-jährige De ist, prophezeiter Held und seines Zeichens Erfinder. Ki soll ihm nicht unbedingt Heldentum lehren, sondern vielmehr das Überleben in den Gestürzten Landen, einem unfruchtbaren und dämonenverseuchten Ort. Seine bisherigen Lehrer waren da eher… einschleimend als effektiv. Ki hingegen ist von der Arbeit zwar nicht gerade angetan, aber kann sich arrangieren. 

Es gibt aber mehr als einen Haken an der Sache: De ist der prophezeite Held, der das Gesuchte Kind töten soll, welches für den drohenden Weltuntergang verantwortlich gemacht wird; es gibt einen Dämon im Haus, der von einem Gott geschützt wird; De's Mutter ist eine Priesterin der Hohen Schwester; und einmal dürft ihr raten, wer das Gesuchte Kind ist…



The Wanted Child ist nominell das Erstlingswerk von Aneeka Richins, aber sie hat bereits mehrere Romane geschrieben, bei denen sie sich wegen selbstbeurteilter unzureichender Qualität gegen eine Veröffentlichung entschieden hat. 
Das merkt man, im positiven Sinne. (Wenn ich dagegen an Ralf Iredi's Schlüssel des Kosmos denke, überkommt mich ein kalter Schauer.)

Die Welt ist gut ausgebaut und in sich schlüssig, die Charaktere sind in vielen Aspekten glaubwürdig und gut abgerundet. Was aber vornehmlich Ki  in meinen Augen etwas unglaubwürdig macht, ist dass sie auf eine elementare Charaktereigenschaft gebaut ist. Ki ist Hartnäckigkeit, Sturheit, Determination in Person, während De wie ein heißblütiger, naiver, abenteuerhungriger Held wirkt. Im Verlauf der Handlung wächst zumindest De, oder bekommt mehr Tiefe, während ich mir bei Ki noch etwas unschlüssig bin. 

Die Erzählung folgt dabei ausschließlich Ki, wenn auch nicht aus der Ich-Perspektive, was zusammen mit Ki's Alter, 15 Jahre, eine Note von Jugendroman bzw. Young Adult à la den Tributen von Panem hinterlässt. Reine Feststellung, keine Bewertung.

Ich bin übrigens über Not A Villain auf Wanted Child gestoßen, und es hat mich ehrlich gesagt nicht enttäuscht. Das Englisch ist gut und lesbar, es kann aber noch gefeilt werden an ein paar Formulierungen.



Gutes Buch, ich freue mich schon auf Richins nächsten Werke. (The Servant Lord habe ich schon.)

Titel: The Wanted Child

Autor: Aneeka Richins

Seiten: 234

Sprache: Englisch, Mittel