Mittwoch, 8. August 2012

New Orbit

Newton'sche Physik als Spiel

Die Erde ist zerstört, und bis auf einige wenige sind alle tot. Diese Überlebenden haben sich im Asteroidengürtel niedergelassen, sind gediehen und gewachsen, bis sich verschiedene Fraktionen herausgebildet haben. Schließlich kam es zum Krieg.

Man spielt einen namenlosen Ingenieur, der als einziger die Zerstörung seines Schiffes tief in feindlichem Territorium überlebt hat. In seinem winzigen Rettungsshuttle versucht er sich auf den Weg nach Hause zu machen, trifft dabei auf ruchlose Händler und den ideologischen Feind.

Aufgrund der Kürze der Handlung bleiben viele Fragen offen, wie beispielsweise der Hintergrund der beiden Fraktionen. So ist das Node Collective scheinbar rational orientiert, während das Triterian Empire abergläubische Angst vor Gebieten hat. Der Held der Handlung gehört zwar dem Node Collective an, aber als Spieler frage ich mich unwillkürlich, wieso das Node Collective genauso fundamentalistisch klingt wie vermeintlich Abergläubische…

New Orbit ist ein Adventure mit einem interessanten Konzept, nämlich realistischer Physik. Oder zumindest realistischerer, denn die meisten im Weltraum angesiedelten Spiele haben eine Physik, in der Weltraum mit Wasser gleichgesetzt wird. Nur wenn der Antrieb Schub gibt, bewegt man sich vorwärts, wird der Schub ausgeschaltet, gleitet man noch ein bisschen weiter und kommt dann zum stehen.

Nicht so bei New Orbit. Nach einem Schubstoß fliegt man immer weiter in die Schubrichtung, bis man in das Schwerefeld eines Körpers gelangt und durch diesen angezogen wird. Wenn man gut ausgerichtet ist, schwingt man um den Asteroiden herum und fliegt in einer anderen Richtung weiter, oder schlägt auf ihm ein.

Das Ausmaß der Ablenkung wiederum hängt von der eigenen Geschwindigkeit und der Entfernung zum Asteroiden ab. Mit anderen Worten, fliegst du schnell, ist die Ablenkung weniger stark und, passierst du ihn dicht, ist die Ablenkung stärker. Und wenn man langsam und dicht genug an einem Asteroiden vorbei fliegt, schwenkt man in einen Orbit ein.

Das ist aber bei weitem nicht so leicht, wie man es sich vorstellt! Die ständig wirkenden Anziehungskräfte machen eine stetige Korrektur notwendig, man muss immer wieder ein bisschen Schub geben, dichter oder weiter weg fliegen, schneller oder langsamer werden, um in einen brauchbaren Orbit zu gelangen.

Die Mechanik kommt einem dabei nicht zu Hilfe, so dass ein grober Orbit reichen würde und dann automatisch auf kreisförmig korrigiert wird, oh nein! Das wird einem vor allem klar, wenn man selber versucht in einen Orbit zu schwenken. Aufgrund der Masse des eigenen Shuttles gibt es bloß eine bestimmte Entfernung, innerhalb derer man einen grob kreisförmigen Orbit erreichen kann, und wenn man sich außerhalb dieses Bereichs befindet, ist man selbst mit beiden Augen zudrücken in einer elliptischen Umlaufbahn, und das Missionsziel nicht erreicht.

Diese sind glücklicherweise variabel. So muss man diverse Asteroiden scannen, auf ihnen landen und anbohren, Materialien einsammeln und Minen ausweichen. Letzteres gestaltet sich als schwierig, wenn die Spielphysik ist erbarmungslos und bloßes beschleunigen reicht oft nicht aus, sondern man muss kalkuliert in Umlaufbahnen einschwenken oder in genau kontrollierten Spiralen aus dem Schwerefeld eines Asteroiden entkommen.

Handwerklich betrachtet weist das Spiel ein paar Mängel auf, die hoffentlich mit späteren Episoden ausgebügelt werden. So ist die Synchronisation qualitativ ausbaufähig. Im Gegenzug ist aber quasi jede Zeile synchronisiert, was man von anderen Spielen so nicht kennt. Die Bedienung erfolgt nur mit einem Finger, mit dem man Richtung und Stärke des Schubs bestimmt

Eine Anmerkung noch, der Hauptcharakter hat die Angewohnheit mit sich selbst zu reden – aber nicht im Scheindialog. Vielmehr spricht er seine Gedanken laut aus und kommentiert seine Handlungen. Da stellt sich die Frage, ob er dies nicht tut, aufgrund seiner desolaten Lage, weil sein Bordcomputer eine miserable Gesprächspartnerin ist oder weil er nicht den Verstand verlieren will. Die nächsten Folgen werde das wohl zeigen…

Insgesamt ist New Orbit also ein vielversprechendes Weltraumadventure mit Wachstumspotential.

Titel: New Orbit (Link)

Entwickler: Blackish Games

Genre: Adventure, Science-Fiction

Sprache: Englisch (Alles), Deutsch (plattformabhängig Menü & Untertitel)

System: iOS, Android, PC, Mac



PS: Ich hoffe, in einer der nächsten Folgen wird geklärt, wieso die Bord-KI so böse guckt…

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