Sonntag, 6. August 2017

Unser Leben dort

Robinsonade eines Kolonieabbruchs

Unser Leben dort erzählt die Geschichte einer fehlgeschlagenen Kolonie auf einem fremden Planeten. Anstatt wie geplant 500 erwachsene und voll ausgebildete Menschen in eine vorbereitete Kolonie zu entlassen, schlägt etwas schief und die Künstliche Intelligenz (KI) führt einen Abbruch der Kolonie durch, der aber wiederum abgebrochen wird. Kaum sechzig halb ausgebildete Jugendliche schaffen es aus den brennenden Überresten der Kolonie.

Fortan wird die Geschichte aus der Perspektive von Porter erzählt, der ursprünglich als Psychologe vorgesehen war, aber genau wie alle anderen sich weit jenseits seines Ausbildungsfeldes betätigen muss. Er knüpft Bande mit anderen Kolonisten, die sich alle in derselben Lage wie er befinden, und berät dabei den neuen Anführer, Stevens, über den geistigen und moralischen Zustand der Kolonie.

Doch allzu schnell kommt es zu Konflikten, denn Stevens hat andere Prioritäten als die KI, die möglichst schnell eine Nachricht nach Hause schicken will.

Soviel dazu.

Ich war sehr überrascht von der introspektiven Ich-Perspektive von Porter, aber in Anbetracht seiner – wenn auch abgebrochenen – Ausbildung als Psychologe war das wohl vorherzusehen. Porter bemüht sich wie alle anderen sich in dieser überaus unerwarteten Situation zurechtzufinden, Freundschaften zu pflegen, und vor allem zu überleben.

Da er, wie alle anderen Überlebenden, etwa 15 Jahre alt ist – die Reifung und Ausbildung der Kolonisten war bei weitem nicht abgeschlossen – versucht er natürlich seine Platz in der Welt zu finden, und was diese Gefühle bedeuten, die er für seine Freunde entwickelt. Ist es Liebe, und wenn, welche Art, brüderlich, freundschaftlich, oder romantisch?

Mir hat diese Ausarbeitung und introspektive Herangehensweise seltsamen Anklang gefunden. Einerseits möchte ich es, einen überlegenden Charakter zu haben, der sich für die Gefühle seiner Freunde interessiert, und auch sorgt, wie sie auf sein Verhalten reagieren werden, andererseits konnte es auch etwas nervig sein. Ein bisschen ambivalent, ich weiß, aber so was es halt. Irgendwie erinnert mich das ganze an die Kapitel aus Michels Perspektive in Kim Stanley Robinsons Mars-Trilogie.



Alles in allem gut, und das erste mir bekannte Werk, das aus der Perspektive der Produkte dieser Art von Von-Neumann-Sonde erzählt.

Titel: Unser Leben dort

Autor: Hugh Howay (Übersetzer: Alfons Winkelmann)

Länge: 296 Seiten (65k Wörter)

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