Samstag, 15. September 2012

Existence

…oder 101 Gründe, wieso wir nie auf echte (nicht fiktive) Aliens gestoßen sind.

David Brin hat sich mit seinem aktuellen Buch einige Zeit genommen, um genau zu sein sind es 10 Jahre seit Copy (im Original: Kiln People) in den USA erschien, oder 7 für die deutsche Veröffentlichung.

Wie schon in einem seiner vorigen Bücher, Erde, spielt die Handlung nur einige Jahrzehnte in der Zukunft, mit einigen interessanten technologischen Entwicklungen. So ist das Internet noch umfassender geworden und hat sich zu verschiedenen Schichten, die Folien gleich über die Realität gelegt werden können, gemausert. Die Entwicklung von künstlichen Intelligenzen, KIs bzw. AIs, ist – wie immer – kurz davor, den Durchbruch zu schaffen und eine echte, wahre künstliche Intelligenz zu erschaffen, während eine versehentliche, nicht replizierbare bereits durch das Netz schleicht.

Mannigfaltige Entwicklungen haben dazu geführt, dass sich die Weltbevölkerung einigermaßen stabilisiert, aber trotzdem keine Mangelversorgung herrscht. Es gibt verschiedene politische Blöcke, wie eine Erdunion, Großchina, die Vereinigten Staaten, etc., aber die verschiedenen hochkomplexen Algorithmen und KIs prophezeien, dass der aktuelle Mitigierungsversuch, der Big Deal, innerhalb von ein paar Jahren scheitern wird und es zu einer Art Klassenkampf zwischen einem privilegierten Adel (basierend auf Geld, Blutlinien, und anderem Schnickschnack) und den weniger privilegierten Massen kommen wird.

Einen besänftigenden Druck übt die Verzichtsbewegung aus, welche die rasanten technologischen, wissenschaftlichen und kulturellen Entwicklungen bremsen und kontrollieren will.

Und in genau diesem prekäre Gleichgewicht sammelt der Weltraummüllmann Gerald Livingstone ein kristallines Objekt ein, das äußert ungewöhnliche Eigenschaften aufweist. Parallel dazu verfolgt der Leser eine Zeit lang Hamish Brookeman, eine Art hoch erfolgreicher Autor von Technothrillern, nicht Michael Crichton unähnlich, der die Verzichtsbewegung unterstützt. Und dann gibt es da noch die neue Reporterin Tor, die gerade einer Story auf der Spur ist, als ihr was interessanteres dazwischen kommt.

Brin gestaltet eine interessante und in Zügen plausible Welt, mit interessanten und glaubwürdigen Charakteren. Dabei ist der Unterton, der sich unentwegt durch die ganze Handlung zieht, wieso dort im Weltraum diese Große Stille herrscht.

Denn, sind wir mal ehrlich, unter der Annahme, dass es intelligentes Leben außerhalb unseres Sonnensystems gibt, wieso haben wir von denen noch nie was gehört? Gehen wir davon aus, dass wir in einem Einsteinschen Universum sind, also keine überlichtschnellen Antriebe, keine Antischwerkraft wie wir sie aus den Weltraumopern kennen, dann… ist die Frage die gleiche. Vielleicht ist es zu kostspielig, Kolonieschiffe zu benachbarten Systemen zu schicken, aber Sonden sollten doch gehen, oder? Gehen wir davon aus, wir schicken Sonden zu nahegelegenen Systemen, und wollen das ganze effizient machen, also machen wir sie ein bisschen größer und geben ihnen die Fähigkeit, sich selbst zu reproduzieren. Okay, dann brauchen sie Jahrhunderte zu einem anderen Stern, und vielleicht nochmal Jahrhunderte, um Nachkommen zu bauen und loszuschicken, während die Muttersonde ihre Beobachtungen zur Erde schickt.

Also wieso sehen wir dort draußen keine Sonden von solchen Aliens?

Gibt es einen großen Filter, einen Selektor, der solche Sonden verhindert?

Dies sind die Fragen, denen sich die Charaktere in dem Buch widmen. Dies sind die Fragen, welche es zu beantworten gilt. Und eine Antwort ist dringend notwendig, den vielleicht ist die nahende Klassenkrise der Selektor?

Von diesen Grübeleien abgesehen bin ich von Existence angetan, denn ungleich einiger anderer Werke von Brin (Uplift, Copy, Erde, Postman), ist dieses mal das Finale nicht fantastisch bis grenzwertig hanebüchen.

Ein besonderes Augenmerk verdient noch die Sprache. Sind die meisten Begriffe von mittlerer Schwere in der Verständlichkeit, so kommt es doch beiläufig zu Worten, die man als Zweitsprachler auch nicht aus dem Zusammenhang zufriedenstellend deuten kann. Dazu kommen noch Neuschöpfungen von Worten, um einen Futureslang zu erschaffen, der Authentizität verleihen soll. Davon abgesehen macht nur Profnoo mit seinem Jamaikaakzent Probleme, aber was will man machen...

Titel: Existence

Autor: David Brin

Sprache: Englisch (mittel bis kreativ)

Länge: 556 Seiten

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