Montag, 7. Mai 2012

Analogue: A Hate Story

Meine erste Visual Novel!

Und sie war gut!

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Doch worum geht es? Offensichtlich sind die Menschen in den Weltraum vorgedrungen und wir sind eine Art Detektiv oder Ermittler, denn unser Agent hat uns gerade einen Auftrag zugewiesen: Das verschollen gegangene, gesamtkoreanische Kolonieschiff Mugunghwa hat sich in einem Orbit um Antares B angefunden, und wir sollen herausfinden, wie es mit dem Schiff steht und was passiert ist. Zu dem Zweck können wir mir der künstlichen Intelligenz (KI) *Mute sprechen, aber sollen auf jeden Fall die Logbücher (Logs) herunterladen.

Über ein Texteingabefeld erlangen wir Zugriff auf das Schiff und können eine KI starten, *Hyun-ae. Von *Mute ist aber nichts zu sehen.


*Hyun-ae stellt sich als Verwaltungs-KI heraus, die völlig überrascht ist, Verbindung zur Außenwelt zu haben. Diese Verbindung ist aber gestört, so dass wir im wesentlichen bloß Ja/Nein-Fragen beantwortet können, was die Interaktionsmöglichkeiten doch eher eingrenzt.

Theoretisch können wir bereits jetzt über die Texteingabe die Logs herunterladen, doch dann würde uns das Mysterium der Mugunghwa entgehen, also unterhalten wir uns mit der *Hyun-ae. Sie zeigt uns einige Logs, worauf wir sie dann im Prinzip anstubsen können, und sie versucht dann zu erraten, weswegen wir ihre Aufmerksamkeit wollen. Zumeist ist der Grund und die Antwort selbsterklärend – wir wollen mehr Logs lesen, denn die Geschichten, welche in ihnen erzählt werden, sind spannend und werfen Licht auf das Schicksal des Kolonieschiffes.

Anscheinend starben vor über 600 Jahren alle Bewohner des Schiffs, denn die Lebenserhaltungssysteme sind offline, doch interessanter ist die mittel- und unmittelbare Zeit vor dieser Tragödie.

Durch irgend einen Grund, welcher sich nicht aus der Handlung erschließt, wurden über 300 Jahre vor dem Versagen der Lebenserhaltung alle Systeme und Aufzeichnungen auf Null gesetzt, bis auf die KI *Mute. Zudem kam es zu einem kolossalen Gesellschaftswandel, was die Vermutung nahe legt, dass zum gleichen Zeitpunkt große Teile der Bevölkerung starben oder sonstwie die Erinnerungen an das ursprüngliche System verloren gingen.

Das Kolonieschiff, dessen Zweck vergessen war, wurde nunmehr durch den Kapitän und Kaiser in einer Monarchie regiert, die stark patriarchalisch geprägt war – Frauen verließen selten ihre Häuser und waren ihren Männern streng untergeordnet. Sie wurden bereits früh (13-16 Jahre waren die Norm) verheiratet und mussten sich stets fügen. Nur wenige lernten lesen und schreiben, und von denen machten noch weniger Aufzeichnungen. Glücklicherweise gab es aber welche, denn ansonsten würden die Logs schnell langweilig werden.

Und mehr möchte ich vom Inhalt auch nicht wirklich ausbreiten, denn die Erforschung dieses Gesellschaftssystems stellt unter anderem einen Reiz des Spiels dar. Es wird dabei aus zwei Perspektiven beschrieben: *Hyun-aes, die noch Erinnerungen an die vorige Gesellschaft hat und von ihrem Vater in diesem Geiste der Selbstbestimmung erzogen wurde, und *Mutes, der Schiffs-KI, deren persönliche Speicherstände im wesentlichen mit der neuen Gesellschaftsform gefüllt sind.

So kann man verschiedene Logeinträge beiden KIs zeigen, und sie werden stark unterschiedlich darauf reagieren und entsprechend unterschiedliche Logeinträge freigeben. Während *Hyun-ae zum Beispiel angewidert vom Leitgedanken „Namjon yeobi‟ ist und es mit „Männer werden geehrt, Frauen werden erniedrigt‟ übersetzt, sieht *Mute keine Probleme mit der selbstverständlichen „Männlichen Überlegenheit‟, auch wenn sie *Hyun-aes Übersetzung als zu wörtlich abtut.

Das Spiel selbst gestaltet sich wie für das Genre üblich größtenteils in Textform, mit gelegentlichen Unterbrechungen durch die gezeichneten KIs. Die Musik ist unaufdringlich mit östlichen Einschlägen, bleibt einem aber auch nicht im Ohr haften.

Der Fokus liegt offensichtlich in der Handlung, und diese ist sehr fesselnd, insbesondere wenn man die historischen Parallelen betrachtet. Das Gesellschaftsmodell, in welches die Logs Einblick gewähren, basiert auf der Joseon-Dynastie, die Korea vom 14. bis zum 19. Jahrhundert ziemlich genau 500 Jahre beherrschte. Wenn man bedenkt, dass sie die Autorin Christine Love sich zwar künstlerische Freiheiten herausgenommen hat, die erniedrigte Position der Frauen in ihrer Version aber eher noch untertrieben hat im Verhältnis zur Vorlage, so wird einem Angst und Bange um damals.

Und so ist die Betrachtung und Erforschung der moralischen Implikationen eine der tragischen Triebkräfte der Handlung.

Nichtsdestotrotz hat sie eine wunderbare Geschichte erzählt, die je nach eigenen Entscheidungen im Spielverlauf verschiedene Enden nehmen kann. Für das „beste‟ Ende muss man aber etwas tricksen und das Spiel zuvor bereits mindestens einmal durchgespielt haben.

Titel: Analogue: A Hate Story

Entwickler: Christine Love

Genre: Visual Novel, Science-Fiction, Drama, Romantik

Sprache: Englisch (Mittel)

System: PC, Mac, Linux, Steam (PC, Mac)

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