Donnerstag, 27. Februar 2020

BABYLON

Ein zerrissenes Bild, bei dem Teile fehlen: 3 junge Männer und 1 junge Frau auf einer Straße zwischen Häuserschluchten, die Sonne am Ende der Straße; der vorderste Mann ist Seizaki, zu seiner rechten sein Polizeikollege, zu seiner linken sein jüngerer Anwaltskollege, weiter hinten seine spätere Anwaltskollegin; durch die fehlenden Teile des Bildes sieht man eine andere junge Frau, lächelnd. Im vordersten Grund sieht man eine Frauenhand, die gerade einen Fetzen des Bildes beiseite blättert
Nur ein Wort zum Selbstmord

Es ist schwierig über diese Serie zu reden, ohne direkt Handlungspunkte zu verraten, denn ihre Thematik – induzierter Selbstmord – bedeutet, dass Charaktere sterben. Daher werde ich mich bloß auf Zen als Hauptcharakter konzentrieren.

Zen Seizaki ist Staatsanwalt in Tokio. Sein derzeitiger Fall beschäftigt sich mit einer Medikamentenzulassung, an deren Rechtmäßigkeit Zweifel bestehen. Im Zuge dieser Ermittlungen stößt Seizaki auf den ersten Selbstmord, welcher ihn wiederum zu den anstehenden Bezirksbürgermeisterwahlen führt, die in dem neuen Regierungsbezirk nahe Tokio stattfinden werden. Nach Umfragen wird der junge und charismatische Kandidat Itsuki gewinnen, und da kommen wir auch schon zum Punkt: Das Kernversprechen von Itsuki ist die Legalisierung des Freitods, Selbstmords, Suizids, wie auch immer man es nennen möchte.
Und er meint es ernst, denn unter seiner Aegis und vor laufender Kamera stürzen sich Dutzende von Menschen vom Dach des Rathauses des neuen Regierungsbezirks – unter ihnen auch Arbeitskollegen von Seizaki. Kollegen, die kaum Stunden zuvor nicht den blassesten Anschein von Lebensmüdigkeit erweckt hatten.

Wie man sieht, diese Serie ist… heftig.

Babylon geht psychologisch nicht gerade sanft mit dem Zuschauer um, und scheut sich bestenfalls vor der expliziteren Darstellung von Gewalt, aber nicht der Gewalt an sich. Dutzende sterben im Verlauf der Serie, während Seizaki weiter nach der mysteriösen Frau jagt, mit der anscheinend alle der Selbstmörder vor ihrem Tod ein paar Worte gewechselt haben.

Wer bei BABYLON nun an einen Krimi oder Mysteryroman denkt, liegt nicht 100% falsch; die dreibändige Romanvorlage wurde von Mado Nozaki geschrieben, der sich unter anderem auch für KADO: The Right Answer verantwortlich zeichnete, aber liegt zugleich falsch. Babylon ist, wenn überhaupt, ein psychologischer und politischer Thriller mit einer hochbrisanten Problematik.

Wie soll man mit dem Freitod umgehen? Ist es moralisch verwerflich, Menschen das Recht abzusprechen, ihr eigenes Leben zu beenden? Ist der selbstgewählte Tod moralisch gut oder schlecht? Wie sieht es damit in den verschiedenen Kulturen der Welt aus, oder gibt es eine inhärente Richtigkeit oder Falschheit? Diese Fragen müssen sich die verschiedenen Charaktere stellen, allen voran Seizaki. Er hat schon vor langem für sich definiert, dass es Gerechtigkeit ist, nach der er strebt, und im Zuge dessen muss er sich natürlich auch mit Gut und Schlecht auseinandersetzen, aber für ihn gesellt sich noch eine weitere Ebene hinzu: Kann etwas gutes ungerecht sein? Oder Gerechtigkeit schlecht?

Ehrlich gesagt, hat mich Babylon beim Schauen sehr geflasht. Es gab Szenen, wo ich auf der Couch nach hinten gekrochen bin, Knie hochgezogen, Hände vorm Gesicht geschlagen und vor mich hinmurmelte „Ohmeingottohmeingottohmeingott“, so sehr haben mich die Wendungen oder die Bereitwilligkeit des Autoren überrascht. Auf jeden Fall Hut ab dafür!



Tipp: Einmal den Wikipedia-Artikel für Hure Babylon überfliegen um mehr mitzubekommen.

Titel: BABYLON

Regie: Kiyotaka Suzuki

Autor: Mado Nozaki

Länge: 12 Folgen à 24 Minuten (Japanisch mit deutschen Untertiteln)

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