Sonntag, 1. Dezember 2019

One Room

Die drei Routen der ersten Staffel, v.l.n.r. Moka, Yui, Natsuki
Die genretreueste Umsetzung einer Visual/Kinetic Novel

One Room ist wirklich seltsam. Für den Grund muss ich etwas ausholen…
Ich hatte ja schon Mal den Erklärbär zu Visual Novels gemacht, aber kurz zusammengefasst, ist das im Prinzip ein Buch, welches man „spielen“ kann, mit verschiedenen Zielsträngen und Enden. Dabei wird der Text durch statische Hintergründe und Vordergründe unterstützt, welche Räume und Umgebung des Textes bzw. die sprechenden oder relevanten Personen abbilden unterstützt. Es ist definitiv weniger Spiel als Buch, denn die Handlung ist streng vorgegeben und das Interaktionsvermögen oftmals auf Routen beschränkt, die der Protagonist abklappern kann. Wenn es gar keine Routen gibt und man im Prinzip bloß „umblättert“, dann ist das eine Kinetic Novel.

Fast genau so ist auch dieser Anime: es gibt stets bloß eine Person – die betreffende Eroberung – und der nominelle Protagonist, üblicherweise der Leser, hier der Zuschauer, tritt nie in Erscheinung und sagt kein Wort. Stattdessen reagieren die Mädchen so, als würde er sich am Gespräch in der ihnen optimalsten Art und Weise beteiligen.

In One Room gibt es fünf Routen:

  • Yui, eine frisch zugezogene Nachbarin, die versucht die Aufnahmeprüfung für die (natürlich hochrenommierte) Tokioter Universität des „Haupt“-Charakters zu bestehen.
  • Natsuki, die kleine Schwester des „Haupt“-Charakters, die ihn aus Sorge in Tokio besucht und im Haushalt aushilft
  • Minori, die Badehausenkelin
    Minori, die Badehausenkelin
  • Moka, Kindheitsfreundin des Protagonisten. Sie hatte einen kurzen Erfolg als Sängerin und Songschreiberin während er sich als Romanautor versucht.
  • Minori, Enkelin eines Badehausbetreibers, das ohne männlichen Erben droht demnächst stillgelegt zu werden, während der Protagonist im selbigen angestellt ist.
  • Mashiro, ehemalige Gymnastin auf Jobsuche, die den Protagonisten dabei ertappt, wie er sie heimlich fotografiert.
Die Serie ist nicht wirklich anspruchsvoll, was sich wahrscheinlich am besten dadurch darstellen lässt, wenn ich zugebe diese Beitrag während der zweiten Staffel geschrieben zu haben, die gleichzeitig in einem weiteren Fenster nebenbei lief. Hochtrabend ist One Room nicht gerade.

Wie man sieht, sind die Routen (ich weigere mich, diese Figuren als Charaktere zu beschreiben, denn dies sind sie definitiv nicht) viele durch ein Mächteungleichgewicht geprägt oder anderweitig nicht gesund: Student zu Nachhilfelehrer, kleine Schwester zu großer Bruder, Angestellter zu Oberstufenschülerin, heimlicher Fotograf zu Subjekt. Einzig die Beziehung mit Moka sticht als gleichauf heraus.

Mit diesem Ungleichgewicht zieht es sich durch den Rest der Serie durch; die Routen werden in lasziven oder niedliche Posen gezeigt, während die Kamera als Ich-Perspektive des Protagonisten dessen Blick folgt und auf Hüfte und Brustbereich verharrt oder zoomt. Weiterhin ist die Verharmlosung der unerlaubten Fotografie von Frauen, insbesondere in Japan, einem Land mit ausgeprägter patriarchalischer und passiv misogynistischer Gesellschaft, mehr als bedenklich. Als Mashiro dann auch noch anfängt den Protagonisten ,Onii-san‘ (großer Bruder) zu nennen… Ja, die Serie hat ihre Probleme.

Dennoch hat One Room ihre Vorteile unter dem Aspekt des Einblicks in die Erwartungshaltung einer Untergruppe in die japanische Gesellschaft. Außerdem ermöglich sie es einem, viele der Standardideen von romantischen Visual und Kinetic Novels zu begegnen, ohne diese dafür spielen zu müssen.
Insbesondere ist dies anmerkenswert, denn die Serie besteht aus zwei Staffeln, deren Folgen jeweils 4 Minuten lang sind (einschließlich 30-sekündigem Opening bzw. Ending), so dass man, selbst wenn man die ganze Serie sieht (was ich nur beschränkt empfehlen kann), innerhalb von 100 Minuten durch ist.



Bedenkliche Serie.

Titel: One Room

Autor: Eiji Mano

Folgen: 25 à 4 Minuten (Crunchyroll, + 3 nicht verfügbare OVA)

Sprache: Japanisch mit deutschen Untertiteln

Ich glaube ich werde mir aus morbider Faszination die Schwesterserie Room Mate anschauen, bei der die Protagonistin Verwalterin einer Jungs-WG ist.

PS: Verdammtes blogger.com hatte dreiviertel meines Posts gefressen weil es zu dumm zum automatischen Speichern war…

Mashiro mit Businessfrisuer und adrettem Anzug mit kurzem Rock macht einen Längsspagat
Mashiro, Gymnastin und Office Lady!

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