Freitag, 11. November 2011

Digger

Ursula Vernon begann zuerst mit einigen einfachen, eigenwilligen Skizzen, ehe diese ein Eigenleben entwickelten. Aus den paar leichten Zusammenhängen entstanden die ersten Anfänge einer Welt, die nicht nur mich in den Bann zog, sondern auch Ursula selbst, so dass aus den ihren Skizzen eine Herausforderung an sie selbst wurde, die Geschichte zu Ende zu bringen und dafür eine angemessene Anzahl an Seiten aufzuwenden.

Doch worum geht es in Digger? Nun, die gleichnamige Hauptcharakterin ist zuallererst ein Wombat und damit eine überaus pragmatische und wortwörtlich bodenständige Person. Ihre Spezies lebt unter der Erde und schachtet dort Tunnel aus und baut Erze ab. In der Welt, in welcher der Comic spielt, ist dies aber bei weitem nichts ungewöhnliches, so gibt es Hyänenstämme mit eigener Mythologie, Kriegermönche, die keinen der Götter in ihrer Verehrung vorziehen und von letzteren außerdem mehr, als einem Lieb sein sollte. Denn die Welt ist als und hat dementsprechend sehr viel hinter sich, so dass man an und für sich davon ausgehen kann, dass an jeder Stelle des Planeten irgendwann in der Vergangenheit Magie gewirkt, ein Tempel errichtet oder eine Schlacht geschlagen wurde. Dementsprechend belebt ist es aber auch - Legenden gefallener Kreaturen sind wahr, weil diese eins wirklich gefällt wurden, oder auch weil der Glaube an die Legende sie wahr werden ließ.

Und Digger ist ihrer Welt nicht fremd. Götter werden gemieden, Tunnel abgestützt, solche metaphysisch banalen Dinge definieren Leib und Seele eines Wombats. Daher kann man sich Diggers Reaktion vorstellen, als sie nach einem schlechten Trip (Grubengas kann sowas verursachen) sich zu den Füßen einer hölzernen Statue des Gottes Ganesha heraus gräbt. Man würde ihr Reaktion nicht als "freudig erregt" umschreiben. Doch damit startet die Geschichte eigentlich, und aus naheliegenden Gründen (Ruhestörung, Zerstörung öffentlichen Eigentums, ihr wisst was ich meine) macht sich unsere Heldin auf den Weg in eine Siedlung unweit des Tempels, wo – wie sollte es anders sein – gerade Banditen die Bevölkerung terrorisieren. Unterwegs freundete sich Digger noch mit einer Schattenkreatur an, welche ihr bei dem anschließendem Kampf gegen die Banditen half.

Ich weiß gar nicht, wieviel ich sagen will und darf, denn der große Reiz von dem Webcomic liegt in den wunderschönen Illustrationen und der in die Welt geflochtenen Mythologie. So trifft Digger beispielsweise später auf Hyänen, eine überaus matriarchale Gesellschaft (also sowas wie Amazonen auf genetischer Ebene) und erfährt von deren Mythen und Legenden. Es gibt Brückentrolle und sie sehen nicht so aus, wie man es sich allgemein vorstellen würde, sondern haben einen Grund, wieso sie Ziegen als Zoll verlangen. Es gibt Prophezeiungen und Orakel, und prophezeiende Nacktschnecken, die sich ihrer Absurdität mehr als bewusst sind, es ist also kurzgesagt eine wunderbar phantasievolle Welt.

Ein weiterer anmerkenswerter Punkt ist der Humor. Er ist oft trocken-bissig und von pragmatischen Personen geprägt. Dem entgegen stehen die gelegentlichen Sonderzeichnungen, die sich in großen Panels verstecken, bei denen kleine Tiere absonderlicher Dinge machen, was einem aber mitunter erst bei einem weiteren Lesen auffällt.

Ursula Vernon selbst hat ihre Wurzeln nicht bei Comics, sondern im Bereich der Illustration, was man ihren Zeichnungen auch ansieht – so gibt es ausschließlich Schwarz und Weiß, doch ist diese Monochromie auf einem derart künstlerischen Level, dass man im Prinzip nur Respekt zollen kann. Ihr Welterschaffungstalent wiederum hat seinen Ursprung (oder Entwicklung) wahrscheinlich Vernons Anthropologiestudium zu verdanken.

Dies wurde übrigens auch durch verschiedene Preise, Auszeichnungen und Nominierungen gewürdigt.

Zusammengefasst: Lest es. Digger ist eine wunderschöne Geschichte mit hervorragender Illustration.

Titel: Digger

Autor/Zeichner: Ursula Vernon

Sprache: Englisch

Seiten: 759 (Schwarz-Weiß, bis auf die Deckblätter der Kapitel)

Link: diggercomic.com, Ursula Vernon

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