Sonntag, 11. Juni 2017

Foothold

Neubesiedlung leicht gemacht.

Der Roman erzählt größtenteils aus der Sicht von David die Reise und Besiedlung eines Planeten in Tau Ceti, einem Sternsystem über 11 Lichtjahre von der Erde. Geschickt werden 8 Kolonisten, die über jahrelange Kleinarbeit aus einem riesigen Pool ausgewählt worden waren, um psychologisch und genetisch kompatibel zu sein. Denn eines der Hauptziele der Hope ist die Besiedlung bzw. Kolonialisierung eines unbewohnten Planeten.

Die Geschichte beginnt damit, dass David an und für sich der Ersatzmannschaft zugehörig ist, aber der Kapitän der Hope durch medizinische Komplikationen nicht mehr zum Flug zugelassen ist. Das bringt eine starke Dynamik ins Spiel, denn die Mannschaft ist bereits in Beziehungen untereinander, was explizit gefördert wurde. Mit dem Austausch des Kapitäns musste zwei Leute eine schwere Entscheidung treffen: David musste seine Partnerin, die 'Liebe seines Lebens' zurücklassen um mitzufliegen; und Grace, die Partnering des Käptn’s, musste sich entscheiden lieber mitzufliegen als der Liebe ihres Lebens zu folgen und auf der Erde zu bleiben.

Leider wird diese Dynamik nicht wirklich vertieft. Sie kommt zwar zur Sprache, aber nicht in einem befriedigenden Maße.

Der Flug nach Tau Ceti verläuft birgt einige Probleme, aber auch die werden überwunden, und die Besiedlung des neugetauften Planeten Serendipity ("Glücklicher Zufall") beginnt mit einer günstig gelegenen Lavaröhre.

Einer der ferneren Handlungsstränge beschäftigt sich mit der Situation auf der Erde, die im Verlauf der Reise zunehmend verschlechtert, bis bei Ankunft der Hope gar keine Nachrichten mehr von zuhause kommen. Dies ist nur bedingt der Lage zu schulden, denn ein Industriemagnat hat die über die Jahre Kontrolle über das große Teile der Weltrauminfrastruktur sowie das Schwesterschiff Inspiration erlangt. Er betrachtet das Schiff als eine Rettungskapsel für sich und ausgewählte andere, um dem drohenden und schließlich eintretenden Atomkrieg auf der Erde zu entkommen.

Nun, soweit zu Handlung.

Was mich stört sind die mitschwingenden Untertöne. Die Erzählung hebt immer wieder die genetische Reinheit der Kolonisten hervor. Es ist nachvollziehbar, dass man keine rezessiven Erbkrankheiten mitbringen will, aber das ist nach ein, zwei Erwähnungen klar. Problematischer wird das ganze durch die immer wiederkehrende Betonung der Schönheit und Perfektheit der Mannschaft. Es stößt mir nicht gut auf. Und dann wäre da noch der Sex. Okay, sie sind alle um die 30, da hat man viel, aber das wäre ein Thema wo ich mit der Erwähnung zufrieden gewesen wäre ohne eine Beschreibung des Vorspiels zu erhalten. Glücklicherweise bleibt es immer dabei und ist nach maximal einer Seite abgeschlossen.

Darüber hinaus sind die Charaktere alle etwas flach. Sie haben ihre Motivationen, sicherlich, aber als Personen sind sie alle sehr zweidimensional und charakterisiert durch einige wenige, hervorstechende Charaktermerkmale.
Da Ingram zudem merklich stereotype bedient… es macht das ganze ein bisschen lustlos.

Dann wäre da noch die wissenschaftliche Seite.

Die Reise wird überhaupt nur möglich durch quantenblablalangweilig. Wissenschaftler haben eine Methode gefunden, in bestimmten Bereichen Zeit quasi einzufrieren. Stasis. Schön, kann ich akzeptieren.

Dann fliegt das Schiff mit etwa 100.000 km/s, oder 1/3 Lichtgeschwindigkeit. Jedes Gramm Staub, welches dem Raumschiff im Weg ist, würde einschlagen mit der Energie von 22 Kilotonnen TNT. Nur so zur Relation. Es wird übrigens nichts von Schilden oder Panzerung diesbezüglich erwähnt. Gegen kosmische Strahlung, klar, aber nicht gegen interstellaren Fliegendreck.

Positiv hingegen war, dass es kein reaktionsfreier Antrieb war, d.h. es wurde Treibstoff beschleunigt. Ein bisschen wie eine Rakete, bloß um Größenordnungen effizienter.

Da die Hope einen brauchbaren, aber leblosen Planeten gefunden hatte, muss der natürlich auch bepflanzt werden. Die Atmosphäre hat 17% CO2, also nicht zu atmen. Luftdruck und Schwerkraft sind aber angenehm, und die Temperaturen zwischen 50° und 5°C, mit anderen Worten tropisch. Die Terraformung wird auch recht schnell in Angriff genommen, und schreitet in meinen Augen in einem wahnwitzigen Tempo voran. Aber was weiß ich, ich bin bloß Biologe.

Foothold ist offensichtlich Science-Fiction, soviel ist klar, aber technisch betrachtet ist es relativ hart. Relativ ist hier der Knackpunkt natürlich. Die Stasisfelder sind nicht zu Ende gedacht—wenn man reinsehen kann, dann müssten die Insassen theoretisch innerhalb des Sekundenbruchteils ihrer Stade gebacken werden, durch die ganze akkumulierende Strahlung. Die Geschwindigkeit des Raumschiffes ist zu hoch, selbst wenn man theoretische Antriebe wie den im Buch verwendeten Fusionsantrieb verwendet. Die Terraformung ist rasend schnell.

Aber ich kann nachvollziehen, dass so eine Geschichte natürlich interessanter und fesselnder ist, als hunderte Jahre warten zu müssen.



Im großen und ganzen lesbar, aber ein bisschen flach durch die Charaktere.

Titel: Foothold: The Story of Mankind’s First Expedition to the Stars

Autor: Dennis Ingram

Sprache: Englisch, normal

Länge: 357 Seiten (Amazon-Zählung) / 92k Wörter

Ich habe übrigens den zweiten Band aus der Reihe, The Seasoning, schon gelesen und mache mich gleich an den dritten, der den ersten Handlungsbogen abschließen soll. Mal schauen.

Keine Kommentare: