Freitag, 23. Juni 2017

The Trapped Mind Project (Emerilia 1)

Wir sind virtuell, und das VRMMO ist die Realität

Ich lese in letzter Zeit recht viel LitRPG lese… hm, ich denke ich sollte dazu mal einen Eintrag schreiben. Egal, da ich in letzter Zeit viel LitRPG lese, war ich von dem Cover und der Prämisse bei The Trapped Mind Project angetan. Leider entwickelte es sich nicht wie erhofft.

Das Buch beginnt mit einem Prolog, der die Vorgeschichte beschreibt: Menschen ware im Weltraum mit Raumschiffen, hatten mehrere Systeme besiedelt, etc, als sie über das Jukal-Imperium stolperten. Natürlich kam es zum Krieg, und die Menschheit war massiv unterlegen. Dank des unerwarteten Erfindungsreichtums der Menschen kam jemand auf die Idee für das Emerilia-Projekt, welches kurzgesagt den Erfindungsreichtum und die Ruchlosigkeit von Menschen in Bahnen lenken sollte.

Da Menschen diese Eigenschaften insbesondere im Rahmen von Spielen zeigten, kam es dazu, dass Menschen in einer virtuellen Realität aufwuchsen (à la Matrix), und innerhalb dieser die Möglichkeit gegeben wurde, in ein Virtuelle Realität MMO einzutauchen. Anstatt mehrerer geschachtelter Realität ist gewährt dieses MMO Zugriff auf einen Avatar in der echten Realität.

Die Jukal haben die Kontrolle über Emerilia, und Menschen denken der Planet ist ein Online-Rollenspiel. Die Gegner sind extra herangezüchtete Kreaturen, und die üblichen DLC-Gebiete und Erweiterungen sind in Wirklichkeit Portale auf Planeten anderer Spezies. Mit anderen Worten, Menschen machen die Eroberungsfeldzüge der Jukal.

Soweit der Hintergrund. Der Hauptcharakter ist CEO des Marktführer im Asteroidenbergbau, und anstatt des für Spieler üblichen Grinds benutzt er Emerilia zur Entspannung. Er baut sich ein Haus – manuell, ohne Geld oder Einsatz von Bots – schließt Freundschaften mit den NPCs und NPC-Fraktionen, etc. Da das ‘Spiel’ wiederholte Tätigkeiten gleichermaßen belohnt wie Leveln durch Erfahrungspunkte steigen seine Statuswerte weit über Proportion seines Charakterlevels. Beispielsweise hätte ein Level 40 260 verteilte Statuspunkte; der Hauptcharakter hat 248 Punkte, und er ist Level 3. Dafür hat er sich aber auch manuell abgerackert, d.h. Bäume geschleppt, Ton gebrannt, und so weiter.

Magie, Interface, und all der typische Rollenspielklimbim werden übrigens durch Nanobots und dergleichen erklärt. Nicht, dass das eine zufriedenstellend Erklärung ist, aber es die Einzige, die wir bekommen.

Nun denn, Kritikpunkte!

Mir hat der Humor gefallen, wenn er denn vorhanden war. Zu schade, dass er sich größtenteils in den Beschreibungen der Fähigkeiten niederschlug, und nur minimal in der Handlung selbst vorhanden war.
New Passive Skill: Trading Who knew? Those meetings weren’t for nothing. Whether you’re selling asteroids or buying a trowel, it’s always better to get it cheaper. At higher levels, you could sell air to a cloud.
(…)
New Active Skill: Surveyor You are a creature of the land; you look upon it and its secrets become facts to you. Sometimes.
(…)
New Active Skill: Herb Lore Stop and look at the pretty flowers once in a while. Who knows— sometimes you can use them to make a real fire, or whiskey!
(…)
New Active Skill: Two Handed Swords? Bah, you’re an AXEMAN, DUDE! Shit’s not just for cutting down trees. With much-needed training, you might be able to wield the damn thing a bit better than a simple woodcutter. Some people like shield with their blade or to hit with a big-ass something (making up for something, I’d say). You like two weapons for extra slice and dice. Not the safest way to go about things, but fuck if it don’t look BAD ASS. You do, bro.
Wie man sieht, ist die steuernde Intelligenz sich nicht zu schade, den Charakter zu triezen; meine Vermutung ist, dass das ein Hinweis und Ansatzpunkt für spätere Handlungsstränge ist.

Unerklärt bleibt auch, wie Emerilia es schafft Energie zum Rest des Jukal-Imperiums zu exportieren. Das ist zugegebenermaßen bloß ein Hintergrunddetail, aber in meinen Augen symptomatisch für Probleme in der Gestaltung der Welt. Es gibt weitere derartige Kleinigkeiten, die sich in der Maße mir zumindest als störend erwiesen. Zum Beispiel sind die NPC-Fraktionen sich über die Spieler bewusst, über deren Wiederbelebung nach dem Tod (d.h. Respawn), und theoretisch über die zyklische Natur ihres Auftauchens. Aufgrund der gleichmütigen Einstellung der Spieler sind die Fraktions-NPCs Spielern gegenüber misstrauisch und in gewissen Maße argwöhnisch, denn sie stürzen sich in für NPCs tödliche Situationen ohne mit der Wimper zu zucken. Das ist natürlich nachvollziehbar, aus der Sicht der Spieler ist es nichts besonderes, mehrere Tode in Kauf zu nehmen um ein besonders wünschenswertes Stück Beute zu erlangen. Für die NPCs hingegen ist der Nekromant unterm Hügel eine echte Bedrohung, eine deren Konfrontation die meisten nicht überleben würden. Die geringschätzende Einstellung von Spielern gegenüber selbigen stößt zwangsläufig übel auf.

Der Hauptcharakter, Dave, hat wiederum kaum Probleme mit den NPCs Freundschaft zu schließen, insbesondere nachdem aufgrund seiner Einstellung – harte, körperliche Arbeit, sich nicht auf Leveln ausruhen, gleichwertiges Auftreten – ihren Respekt gewonnen hat. Es wäre interessant zu sehen, wie sich dies weiterentwickelt, und es werden mehrere Handlungsstränge in diese Richtung angefangen, aber dann macht der Autor einen Schwenk in die typische ‘Hauptcharakter ist besonders’-Richtung. Dave hat das Interesse des Systemadministrators geweckt, der innerhalb der Machtverteilung des Jukal-Imperiums eher eine untergeordnete Rolle spielt. Er möchte die ‘Reinheit’ von Emerilia wieder herstellen, und eine Wertschätzung der NPCs, oder zumindest jener, die menschenähnliche Level von Bewusstsein haben.

Das Magiesystem ist an sich interessant, bloß macht es unter der Prämisse, dass es Realität ist, weniger Sinn. Man kann Zaubersprüche etc verwenden, um Dinge herzustellen, aber das braucht Mana. Und je mehr man mit einer Sache vertraut ist, desto weniger Mana braucht man. Mit anderen Worten, die magische Herstellung einer Streitaxt durch einen Laien kostet viel Mana, und durch einen Schmied wenig, hat bessere Eigenschaften, und hält länger. Mit anderen Worten, Dave wird für seinen handwerklichen Ansatz belohnt.

Eine der größten vertanen Gelegenheiten im Buch ist die im Prolog ausführlich ausgebreitete Vorgeschichte und der Hintergrund von Emerilia. Es wäre wesentlich fesselnder gewesen, wenn Dave das im Verlauf mehrere Bände Stück für Stück herausgefunden hätte, anstatt es direkt im ersten haarklein erklärt zu bekommen.

Angefangen hatte ich ursprünglich The Trapped Mind Project, weil die Idee eines Rollenspielers, der sich einfach bloß ein Haus bauen und mit dem Rollenspielen und Leveln und Grinden nichts zu tun haben will, verlockend fand und neugierig war, wohin der Autor das Szenario führen würde.

Leider fiel das allzu bald in den Hintergrund. Es ist noch vorhanden, aber nicht in dem Maße, wie ich es mir wünschen würde. Epische Bedrohungen erwachen, NPCs und Spieler finden Interesse am Hauptcharakter, und Dave wird eine tragende Rolle im ganzen spielen. Das ist nicht überraschend, der Autor muss sich schließlich am Hauptcharakter entlanghangeln, sonst wäre es ja nicht der Hauptcharakter, aber… *seufz*, es muss ja nicht so sein wie es hier durchgeführt wurde.

Etwa bei dem Punkt habe ich aufgehört zu lesen. Es juckt mich nicht mehr, was weiter passieren wird, denn es sind ausgetretene Pfade. Die romantische Rolle wird von der ersten Elfin eingenommen, mit der Dave mehr als zwei Worte wechselt, und auch dass ist eher Randgeplätscher.

Übrigens besteht das erste Buch aus zwei Bänden, wovon ich bloß den ersten gelesen habe. Der Großteil der Erzählung erfolgt aus der Ich-Perspektive, aber im Laufe der Handlung gibt es Abschnitte und Kapitel aus der Sicht von anderen Charakteren, auf allen Seiten des dräuenden Konflikts.



Enttäuschende Umsetzung einer vielversprechenden Idee.

Titel: The Trapped Mind Project (Emerilia 1)

Autor: Michael Chatfield

Sprache: Englisch (einfach-normal, Rollenspiel-Elemente)

Länge: 502 Seiten (Amazon-Zählung), 160k Wörter

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