Donnerstag, 7. September 2017

Pandora’s Star & Judas Unchained (Commonwealth 1 & 2)

Im Orbit eines blauen Planeten hat ein zylindrisches Raumschiff mit einem Ring um die Mitte hat Schaden genommen
Ein Planet bricht auseinander


Ausschweifende Weltraumoper

Mir sind unerwartet zwei Bücher ins Haus geflattert, die ich aufgrund der Idee irgendwo mal im Hinterkopf als interessant markiert hatte. Na ja, ein Buch, oder besser gesagt das fiktive Universum ist mir haften geblieben: durch Wurmlöcher verbundene Planeten, deren Warenaustausch über riesige Züge funktioniert.

Weitere Aspekte des Universums sind weit verbreitete Verjüngungstechnologien, welche es Menschen erlauben, nach einigen Jahrzehnten ihr körperliches Alter auf ca. 20 zurückzuschrauben. Während man diese Kur durchläuft, kann man zugleich seine Erinnerungen modifizieren, so dass man unliebsame Abschnitte seines letzten Lebens komplett vergisst oder sich bloß in groben Zügen daran erinnert. Das erfordert logischerweise Technologien, welche tief in das Gehirn und die Wahrnehmung eingreifen, und wie so vieles wird auch dies ordentlich erkundet. So gibt es zum Beispiel Menschen, die bei ihren Verjüngungen nichts vergessen haben, aber sie benötigen mehr ‘Speicherplatz’ außerhalb ihres Kopfes, um sich an all die Jahrhunderte zu erinnern.

Die eigentliche Handlung beginnt mit der Beobachtung eines Sternensystems durch Dudley Bose, einen Astronomen. Aufgrund der leichteren und ökonomischeren Erforschung näherer Sternensysteme mittel Wurmloch und ein paar Satelliten ist Astronomie zu einer kaum noch beachteten Wissenschaft geworden. Bose beobachtet allerdings die schlagartige Verdunklung eines Sterns. Die Menschheit wussten um die Dyson-Sphäre, aber dass sie wirklich innerhalb von Sekundenbruchteilen errichtet wurde ist mehr als überraschend. Also baut die Regierung ein Sternenschiff, das erste seiner Art (die Pläne lagen schon seit einiger Zeit in der Schublade, aber wieso ein Sternenschiff bauen, wenn Wurmlöcher so viel billiger sind?), und schaut vor Ort nach. Der Stern ist wirklich von einer Barriere umgeben, einem Kraftfeld unbekannter Art, und bei der Untersuchung schaltet sich dieses ab und die Außerirdischen im Inneren werden freigelassen.

Frei gelassen trifft es ziemlich passend, denn entgegen den anderen Außerirdischen, denen die Menschheit begegnet ist, sind diese sehr expansionistisch und es kommt schnell zu einem Konflikt. Man sollte annehmen, dass eine Zivilisation, die hunderte Planeten kolonialisiert hat, mit einer anderen, bisher auf ein System beschränkten, feindlich gesonnen Zivilisation umgehen könnte, aber nein, diese Außerirdischen sind ganz anders als erwartet und es kommt zu einem unweigerlichen Krieg.

Das Werk, und man sollte die beiden englischsprachigen (und vier deutschsprachigen) Bände wirklich als ein eng zusammenhängendes Werk verstehen, verfolgt dabei eine Vielzahl von Charakteren, seien es Terroristen von einem Provinzplaneten, Anführer von interstellaren Dynastien, Senatoren, Sicherheitsmänner, Detektive, und so weiter. Hamilton hat wirklich viele Personen am Werk, und manche sieht man hunderte Seiten lang nicht bevor sie wieder auftauchen. Ähnlich verhält es sich mit den Handlungssträngen; durch die Vielzahl an parallel laufenden Handlungsbögen kann es dauern, bis man einen alten wieder sieht. Wenn man das ganze von hinten aufrollt, wird allerdings klar, dass die vielen Seiten, die für den Aufbau dieser sehr entfernten Stränge verwendet werden, der Charakterisierung dienen für Charaktere, die im finalen Teil anfangen aufeinander zu treffen.

Hamilton verwendet viel Liebe zum Detail in der Weltgestaltung; die verschiedenen Planeten und Handlungsorte sind immer genau beschrieben, so dass man nicht wirklich viel hinzufügen muss, um was vorm geistigen Auge zu sehen. Ehrlich gesagt würde ich das sogar als Manko beschreiben, der Autor verliert sich manchmal in diesen Beschreibungen von Orten, die man nur ein einziges Mal zu Gesicht bekommt. Andererseits illustriert das sehr umfassend die Lebenssituation der Charaktere innerhalb dieser Welt. Dass man sich verjüngen lassen kann, heißt noch lange nicht, dass es kostenlos ist; viele Leute verbringen ihr Leben damit, das Geld für eine neue Verjüngung anzusparen. Andererseits gibt es Personen, die aus reichen Dynastien stammen und ihren Lebtag nie haben arbeiten müssen, oder werden, wenn sie es nicht wollen.

Ein Punkt, den ich auf keinen Fall verschweigen will, ist die sich stets in den Vordergrund drängende Sexualität der Charaktere. Vielleicht bin ich einfach zu verklemmt, was diese Sachen angeht, aber restlos alle Charaktere sind sehr freizügig; nach einer Verjüngungskur ist es normal, dass man sich erstmal durch die halbe Stadt fickt, sozusagen, weil man von den gediegenen Hormonen des späten Alters zu denen der immer noch pubertierenden Jugendlichen gewechselt ist. Wenn einen sowas stört, kann man diese Abschnitte einfach überfliegen und zu den Teilen springen, wo gesprochen wird.

Im Gegenzug möchte ich das letzte Drittel von Judas Unchained hervorheben. Die verschiedenen Handlungsstränge kommen sich immer näher und befinden sich bereits in der Verflechtung während ein Fanal nach dem anderen gezündet wird. Ich konnte das Buch gar nicht mehr beiseite legen, so fesselnd war das. Was problematisch ist, denn beide Bücher sind verdammt lang.

Der Vollständigkeit halber will ich noch anmerken, dass neben Pandora’s Star und Judas Unchained noch weitere Bücher im Commonwealth-Universum spielen, diese sind aber nur in bedingtem Zusammenhang; die meisten spielen mehr als tausend Jahre nach den Ereignissen in Pandora’s Star und Judas Unchained.



Titel: Pandora’s Star & Judas Unchained

Autor: Peter F. Hamilton

Sprache: Englisch (gehobene Schwierigkeit)

Länge: 992 Seiten (ca 300k Wörter), 1024 Seiten (ca 250k Wörter)

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