Montag, 12. März 2012

Ziemlich beste Freunde

Ärks, muss mich wieder für 'ne Stelle meldn, damit's Arbeitsamt Kohle 'rüberschiebt. Hm, zwei unterschriebene Absagen hab ich schon, und wasis der dritte Schriebs? Och nee, irgend 'nen Scheiß für so'n Noblhobl. Na egal, geh ich ma hin...

Das in etwa scheinen die Gedanken von Driss zu sein, einem Sozialfall. Seine Mutter arbeitet als Putzfrau, bei der er noch zusammen mit seinen Geschwistern wohnt. Doch das Vorstellungsgespräch läuft anders als erwartet, denn der Nobelhobel Philippe kann Driss' Arbeitsamtpapiere nicht ohne weiteres unterschreiben, denn er ist vom Hals abwärts querschnittsgelähmt.

Driss unkonventionelle und vor allem mitleidslose Art beeindrucken Philippe, weswegen er den Senegalesen für einen Monat auf Probe einstellt.

Driss ist anders als die anderen Bewerber - für ihn ist Philippe nicht bloß ein Patient, sondern wird mit der Zeit zu einem ungleichen Freund, der wenig Verständnis für die Marotten seines "Chefs" hat. Moderne Gemälde für 30.000 Euro? Zur Strafe gibt es keine Schokolade für den Rollstuhlfahrer. Keine Arme, keine Schokolade.

Oh, nur ein Scherz, aber es wird klar, wieso Philippe Driss den anderen vorzog. Diese mögen ausgebildete Krankenpfleger sein, aber statt einem Menschen ist Philippe für sie ein Patient, Teil eines abzulaufenden Automatismus. Morgengymnastik, Duschen, Anziehen, alles ohne mit der Wimper zu zucken. Driss hingegen kriegt schon bald einen Anfall, als er die Thrombosestrümpfe sieht, welche er Philippe anziehen soll.

Und als dann die Gummihandschuhe kommen... Oh Mann!

Ich denke nicht, dass ich großartig mehr sagen kann zu dem Film, denn er lebt einfach viel zu sehr von der Interaktion der wunderbar besetzen Hauptcharaktere. Kleine Gesten, große Worte, man nimmt ihnen ihre Rollen ab, welche sie vorzüglich spielen. Driss ist wie ein Fisch auf dem Trocknen, weit außerhalb seines Elements, aber platscht munter durch die Gegend und stößt alles um.

Die Musik - Klassik für Philippe und Earth, Wind and Fire für Driss - kracht wunderbar gegeneinander und ergänzt sich sogar in manchen Passagen, hält sich aber im wesentlichen im Hintergrund, sofern sie nicht handlungsrelevant ist.

Interessanterweise basiert der Film sogar auf einer wahren Geschichte, welche der reale Philippe, Philippe Pozzo di Borgo, in seiner Autobiografie veröffentlich hat. Die beiden Regisseure hatten damals schon die Idee zu einer Verfilmung, aber bis 2010 weigerte sich Philippe. Erst unter der Bedingung, dass 5% der Filmerlöse an seinen Förderverein für Behinderte gehen, willigte er ein.

Vom Sehgefühl erinnert mich Ziemlich beste Freunde an Forrest Gump oder Benjamin Button, aber mit sehr viel weniger biografischen Elementen.

Im Prinzip kann ich den Film jeden empfehlen, der etwas für leicht gefühlsmäßig optimistische und komische Filme hat.

Titel: Ziemlich beste Freunde

Regie: Olivier Nakache, Toledano

Länge: 110 Minuten

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